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Ziele
Politische Ziele von akzept sind
• Schutz der Menschenwürde aller DrogenkonsumentInnen
• Veränderung der Drogenpolitik in Richtung einer ganzheitlichen Drogenpolitik
• Entkriminalisierung der Drogenkonsumenten
• Forschung zur Wirkung prohibitiver Drogenpolitik

Praktische Ziele sind
• Umfassendes Verständnis von Drogenkonsum und Abhängigkeit
• Klientenorientierte statt institutionsorientierte Hilfen
• Schutz vor gesundheitlichen und sozialen Schäden: harm-reduction‘
• Teilhabe
• Förderung von Selbsthilfepotentialen

Für die Umsetzung dieser Ziele setzen sich rund 200 Mitglieder von akzept, 60 Einrichtungen und Projekte sowie 135 Einzelmitglieder (PaktikerInnen, WissenschaftlerInnen, MedizinerInnen, Betroffene und Elternselbsthilfe) aus Deutschland und Nachbarländern ein..

Der Flyer: pdf

Goals:
The concept of acceptance and what it means for our work..... read more
General information akzept.......flyer

1. Zum Begriff der Akzeptanz und seine Bedeutung für unsere Arbeit.
Akzeptanz, Niedrigschwelligkeit und Suchtbegleitung sind als Trendbegriffe in aller Munde. Kaum ein Konzept, das auf diesen Begriff verzichten könnte. Modebegriffe, die deutlich machen, daß diese so bezeichneten Dienstleistungen mittlerweile (gefragte) Waren auf dem sozialen Dienstleistungssektor sind.
Auf diesem Markt bieten inzwischen sowohl große, vormals ausschließlich abstinenzorientierte Unternehmen, als auch kleine, betroffenennahe Initiativen ihre Version von Niedrigschwelligkeit und Akzeptanz an. Zunächst war „akzeptierende Drogenarbeit“ eher ein Abgrenzungsbegriff einer drogenpolitischen Methode und Gegenbewegung zu einer Praxis der Drogensozialarbeit, die eher „bevormundend“ oder „hochschwellig“ organisiert und praktisch, wie ideologisch fast ausnahmslos auf Drogenfreiheit orientiert war.
2. Alles akzeptieren?
Doch was genau meint der neuerdings in mehreren Bereichen der Sozialarbeit verwendete Begriff der Akzeptanz? Meint Akzeptanz in der Arbeit etwa mit rechtsradikalen, gewaltbereiten Jugendlichen unhinterfragte Billigung? Oder im Drogenbereich Verharmlosung und Gleichgültigkeit gegenüber Abhängigkeit?
Zunächst beinhaltet Akzeptanz, daß man, statt eine aus- und abgrenzende Politik zu betreiben, einen Dialog zwischen unterschiedlichen Werten und Lebensstilen anbietet. Erst auf dieser Basis ist ein gegenseitiges Verstehen von grundsätzlich verschiedenen Lebensentwürfen und ihrer persönlichen und sozialen Entstehungsgeschichte möglich.
Für die Menschen, die illegale Drogen nehmen oder nehmen müssen, heißt dies zunächst, daß die Illegalität des Drogengebrauchs die prägende gesellschaftliche Bedingung für ihren Alltag darstellt: Schwarzmarkt, schwankender Reinheitsgehalt der Droge und lebensgefährliche Beimischungen produzieren zum großen Teil erst die Gesundheitsrisiken, die zu minimieren sich die in diesem Heft vorgestellten Angebote zum Ziel gesetzt haben.

Die polizeiliche Kontrolltätigkeit wird weiter intensiviert: Das Bundeskriminalamtes weist seit Mitte der 80er Jahre eine zunehmende Zahl von polizeilich auffällig gewordenen DrogenkonsumentInnen und -händler aus: 1994 wurden ca. 187 000 Rauschgiftdelikte registriert - eine stetige Zunahme und Verdreifachung seit 1984. Ein erheblicher Teil ist wegen Cannabiskonsum und -besitz polizeilich auffällig gewordenen (43%). Erhebliche Steigerungsraten wurden bei Delikten in Zusammenhang mit LSD und Amphetaminen festgestellt, während Heroin- und Kokaindelikte relativ konstant blieben. Zusätzlich erfaßt die Polizei die Zahl der sog. Erstauffälligen Konsumenten harter Drogen, d.h. ausschließlich diejenigen Drogenkonsumenten, die den Strafverfolgungsbehörden erstmals mit dem Gebrauch harter Drogen (Opiate, Kokain und synthetische Drogen) bekannt werden: diese Zahl hat sich seit 1986 auf 1996 ca. 17.000 mehr als vervierfacht.

Rauschgiftdelikte sind Kontrolldelikte, d.h. sie spiegeln die Kontrollintensität der Strafverfolgungsbehörden wieder und nicht unbedingt die reale Konsumentwicklung. Da es in diesem Bereich naturgemäß keine Anzeigen gibt, ist die Polizei auf intensive Ermittlungen und Informanten angewiesen. Die Zunahme der Zahlen verdeutlicht jedoch die Kontrollintensität, mit der die Strafverfolgungsbehörden versuchen die Konsumenten illegaler Drogen zu erfassen. Dies bedeutet, daß über kurz oder lang die Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit Drogenerwerb, -besitz und -handel auffällig zu werden, relativ groß ist.

Haft, Verfolgung, erzwungene Therapie, Polizeivernehmung - all dies schafft eine soziale Ausgrenzung, die durch Kontaktabbruch von FreundInnen, Bekannten, Familie, PartnerIn oftmals im Kleinen vollzogen wird und gesamtgesellschaftlich eine weitere Gruppe von Randständigen, Ausgegrenzten, Chancenlosen schafft. Diese Ausgrenzungspolitik hat auch Entsolidarisierungseffekte zur Folge: Es macht DrogengebraucherInnen zu Spitzeln der Polizei und Justiz, verhindert gemeinsame politische Artikulation und Aktion, spaltet, schürt Mißtrauen und Angst, fördert Verrohung. Dies drückte die Bremer Gefangenenzeitung DISKUS in einem Nachruf auf zwei drogenabhängige Menschen aus, die sich in der Haft das Leben genommen hatten: „Als der Dealer von Wolfgangs Tod erfuhr sagte er nur: „Scheiße, von dem krieg‘ ich noch zwanzig Mark’.“
Was Leben in der Illegalität heißt, läßt sich nur schwer demjenigen vermitteln, der draußen steht.
Nackte Zahlen in der täglichen Presse über die hohe Ansteckungsrate mit dem AIDS-verursachenden HIV-Virus, die Verbreitung von gefährlichen Hepatitisviren, sexuell übertragbaren Krankheiten, Tuberkulose, bakterielle Ecokarditis, Niererkrankungen oder die Sterberate unter DrogenkonsumentInnen drückt nur sehr unvollkommen aus, was es bedeutet, existentiell bedroht zu sein.
MitarbeiterInnen der akzeptierendem Drogenarbeit haben in ihrer täglichen Arbeit in der Konfrontation mit anderen Lebensstilen zunächst gelernt, genauer hinzusehen, zu differenzieren, das Fixerbild der Medien zu hinterfragen: Sind es tatsächlich die Drogen, die das sichtbare „Drogenelend“ verursachen, oder sind es auch die Folgen eines „Drogenpolitik-Elends“, d.h. eines Teufelskreises aus Kriminalisierung und Verfolgung? In unserer täglichen Arbeit merken wir, daß die durch die Drogenpolitik induzierten Probleme so groß sind, daß sie mögliche Suchtproblem völlig überlagern. Kaum ein Moment in der Drogenhilfe, der nicht gekennzeichnet wäre von der Arbeit an den Folgen der Illegalität und Verfolgung (Schulden, Lohnpfändung, schlechter gesundheitlicher Status, Notwendigkeit der Haftvermeidung/-ent-lassung usw.)
3. Differenziertes Suchtverständnis
Akzeptanz bedeutet aber auch, KonsumentInnen illegaler Drogen, wie im übrigen legaler Drogen auch, nicht von vornherein oder überhaupt als beratungs- und behandlungsbedürftige Objekte „therapeutischer Begierde“ bzw. gesellschaftlicher Straf- und Abgrenzungsbedürfnisse zu betrachten. Dies war und ist z.T. heute noch so: die unselige Verquickung von Strafrecht und Therapie/Beratung hat die Legitmation dafür geliefert, daß der „Zweck“ (Abstinenz) scheinbar alle Mittel heiligt: Von der Babyphasen-Theorie, in der Sündige ganz von vorn anfangen sollen, bis zu Konfrontationssitzungen in der sog. stationären Langzeittherapie, in der Anwesende hemmungslos auf den zu Therapierenden einschreien durften bis dieser „ganz unten“ war, um fortan wieder neu, mit anderer Orientierung, mit anderen Freunden, mit anderer Kleidung, aufgebaut werden zu können. Ein ganz dunkles Kapitel jüngster Therapie- und Psychiatriegeschichte.
Die akzeptierende Drogenarbeit betrachtet Drogenkonsum differenziert als bewußte Konsumentscheidung zum Zwecke des Genusses oder der Selbstmedikation, als Lebensstiläußerung, oder auch als Krankheit, für die es angemessene, d.h. bedürfnisorientierte Hilfen und Therapien geben muß. Die Selbstbestimmung des Einzelnen steht im Vordergrund unserer Drogenhilfe, statt des umarmenden „Wir-wissen-was-für-dich-das-Beste-ist!“ und die fürsorgliche Belagerung.
Das heißt für uns Unterstützung von Selbsthilfe: Der Selbsthilfe Raum (und auch Räume) zu geben für ihre Verbraucherschutzmaßnahmen (z.B. bei Partydrogen), politische Artikulation oder praktische Hilfen untereinander. Die Selbstheilungskräfte und die Betroffenenkompetenz sind wichtige Faktoren, die bei der Selbsthilfeförderung unterstützt werden müssen. So können DrogengebraucherInnen verstärkt ihre eigenen politischen Forderungen und praktischen Bedürfnisse formulieren: Emanzipation statt Entmündigung!
Das heißt aber nicht, daß professionelle Hilfe überflüssig geworden wäre. Sie ist überall dort gefragt, wo Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt werden, die in der Selbsthilfe nicht oder nicht ohne weiteres vorhanden sind oder allgemein etwas mehr Distanz erfordern.
Akzeptanz heißt auch, daß wir die drogenpolitische Dominanz der Repression, wie etwa die allerorts zu beobachtende „Zerschlagung“ der offenen Drogenszene, die „Auflösung“ des Drogenstrichs, öffentlich thematisieren und auf die gesundheitlichen Risiken und sozialen Folgen hinweisen. Die ordungspolitisch orientierte kommunale Umgehensweise mit der „offenen Szene“ ignoriert in der Regel völlig, daß DrogenkonsumentInnen, vor allem die, die relativ verelendet sind, einen Kommunikationsraum brauchen, in dem auch noch gegenseitige Hilfestellungen stattfinden können. Mit dem repressiven Vorgehen gegen Ansammlungen von DrogenkonsumentInnen wird lediglich Sozialkosmetik betrieben. Es gelingt wahrscheinlich nicht einmal, das oft zitierte „subjektive“ Sicherheitsempfinden zu stärken. Zu kraß sichtbar sind in den Großstädten die Folgen der Zerschlagung.
Akzeptierende Drogenarbeit nimmt die Gesundheitsbedürfnisse der DrogenkonsumentInnen ernst. Unter den Bedingungen der Teilprohibition heißt dies, daß die durch Schwarzmarktdrogen und die Illegalität bewirkten Gesundheitsrisiken minimiert werden müssen: Durch „safer-use“, Spritzenaus- tauschangebote, Druckräume, Wohnraum und Arbeitsmöglichkeiten ohne Bindung an Abstinenzverhalten. Es geht zunächst darum, nicht mehr rückgängig zu machenden Schädigungen wie z.B. eine HIV-Infektion vermeiden zu helfen. Verbraucherschutz bedeutet in diesem Zusammenhang, alles zu unternehmen, was die kriminalisierungsbedingten, zusätzlichen Schädigungen vermeiden hilft.
Dieses gilt insbesondere für den Strafvollzug, in dem sich etwa 10.000 bis 20.000 drogenabhängige Gefangene befinden, die mit der Inhaftierung einen „Hygienerückfall“ erleben. Seit mehr als zehn Jahren haben sie harm-reduction-Botschaften verinnerlicht und beherzigt und mit der Inhaftierung werden sie aufgefordert, sich von safer-use-Regeln zu verabschieden.
4. Problembereiche akzeptierender Drogenarbeit
„Nur Hilfe hilft!“ - Hilft nur Hilfe?
„Nur Hilfe hilft!“ stand auf einem Flugblatt der Frankfurter AIDS-Hilfe. Wirklich? Muß der oben beschriebene Weg des Dialogs als Methode akzeptierender Drogenarbeit sich nicht auch beziehen auf den Dialog mit AnwohnerInnen, Schulkindern, Polizei, Justiz und Politik? Um kommunalpolitische Zuspitzungen aufzulösen hilft nur eine Präsenz akzeptierender Drogenarbeit an Runden Tischen, um - gemeinsam mit user-Gruppen - für menschenwürdige Drogenpolitik zu argumentieren. Daß Ordnungspolitik und Gesundheitspolitik nicht nur Gegensätze sein müssen, zeigen konzeptionelle Überlegungen von akzept-Vereinen vor Ort: „Utre-chter-Modell“-Diskussion in Bremen, für bessere Arbeitsbedingungen Beschaffungsprostituierter; „Gesundheitsräume/ Kontaktläden werden ebenfalls beiden Interessen gerecht. Es geht um die Klärung, daß es weder in der Drogenhilfe noch in der Drogenpolitik einen Königsweg geben darf und darum, die moralische Besetzung und Symbolaufladung traditioneller Drogenpolitik (Dämonisierung der Substanz, Ausländerfeindlichkeit etc.), zu enthüllen.

Chancen und Gefahren einer Professionalisierung
Akzeptierende Drogenarbeit ist als eine politische Bewegung gestartet, die mit praktischen Angeboten überzeugend Lücken im damaligen, eindimensional auf Abstinenz ausgerichteten Drogenhilfesystem, aufgezeigt hat. Heute ist die Praxis akzeptierender Drogenarbeit unter dem Titel „harm-reduction“ als effektive Drogenhilfe anerkannt und mit erheblichen finanziellen Mitteln ausgestattet worden (vor dem Hintergrund eines nur 10jährigen Prozesses gesehen). Mit dieser Entwicklung sind aber auch erhebliche Veränderungs- und Anpassungsleistungen vollbracht worden: vom Geldgeber wird eine bestimmte Versorgungsleistung vor Ort erwartet und abgerechnet - ohne Ideologie und politisches Engagement drumherum. Die MitarbeiterInnen verstehen sich deshalb heute als Profis im Management bestimmter Problemlagen von Randgruppen, d.h. die Nähe zum Klientel entspringt nicht mehr einer selbstverständlichen Haltung, sondern methodischen Überlegungen: Nur indem man Nähe aufbaut, kann man einen Dialog führen. Es ist folglich ein Professionalisierungs- und in Teilen auch Bürokratisierungsprozeß im Gange - die Entwicklung scheint der der „release“-Bewegung Anfang der 70er Jahre nicht unähnlich zu sein.
Neben einem Nutzen birgt dieser Prozeß aber auch die Gefahr einer Verstelbstständigung, die sich aus fachlichen und ökonomischen Motiven an einer Pathologisierung des Klientels beteiligt: Die „Entdeckung“ der Doppeldiagnose scheint ein erstes Anzeichen dafür zu sein, mit Verweis auf psychiatrische Störungsbilder im Gewand psychiatrischer Terminologie, Sonderhilfen und -stationen einzufordern:

„Als Tiger gesprungen, als Betttvorleger gelandet?“
Mit der Integration der Praxis akzeptierender Drogenarbeit in der Versorgungsstruktur vor Ort, d.h. vor allem mit der ökonomischen Abhängigkeit wird der politische und praktische Handlungsspielraum (der sich ja auch oft im rechtlichen Graubereich befand) immer enger. Dies wird besonders deutlich angesichts der knappen Haushaltsmittel vieler Kommunen, die vielen kleinen Vereinen und ihren MitarbeiterInnen Existenzsorgen bereiten. Vom Geldgeber werden schlicht Versorgungsleistungen in einem bestimmten Umfang gefordert: politische Aktionen, Resolutionen, symbolische Politik gegen das ausgrenzende Betäubungsmittelgesetz sind heute nicht gefragt und scheinen wirtschaftlichen Interessen entgegenzulaufen. Anzeichen eines „Ruhig-Werdens“ vieler ehemals drogenpolitisch aktiver Vereine im akzept e.V. lassen sich ausmachen: Alle haben verständlicherweise mit sich selbst und der Finanzierung ihrer jedes Jahr aufs Neue zu beantragenden Zuwendungen zu kämpfen, aber deshalb immer weniger Zeit, für und mit den Betroffenen für einen andere Drogenpolitik zu arbeiten. Diese Gefahr besteht und wir tun gut daran, uns wieder um gut analysierte drogenpolitische Alternativen zu kümmern und rechtliche Grenzen zu überschreiten, die ein überkommenes Verbotssystem als überfällig und abschaffbar verdeutlicht.

Qualitätssicherung
Je mehr die Praxis akzeptierender Drogenarbeit ein Ware wird, um so stärker sind wir gezwungen, uns dieser Herausforderung professionell zu stellen, d.h. vor allem mit Überlegungen zur Fachlichkeit unserer Arbeit. Wir haben dies bereits anhand der stark nachgefragten „ Leitlinien für die psycho-soziale Begleitung im Rahmen einer Substitutionsbehandlung“ (1995) und der „Leitlinien der akzeptierenden Drogenarbeit“ (1999) getan und werden diese Qualitätssicherungsarbeit vertiefen.
5. Was ist zu tun?
Gegen die soziale Ausgrenzung vieler DrogenkonsumentInnen schließlich muß eine auf Integration zielende Drogenpolitik entworfen und schrittweise auf kommunaler und nationaler Ebene durchgesetzt werden.
Auf kommunaler Ebene bedeutet dies vor allem, daß die Regelversorgungsdienste auch wieder Drogenabhängigen zugänglich gemacht werden. Denn überall wurden und werden Sonder- und Spezialdienste geschaffen, die sich nur mit DrogenkonsumentInnen beschäftigen soll(t)en: Sonderbesuchszeiten für MethadonnehmerInnen beim Arzt, Sonderdienste „Spritzenabgabe“ und Sonderambulanz, weil sich ApothekerInn und ÄrztInnen weigern, Drogenabhängige angemessen oder überhaupt zu behandeln - all dies schafft eine Sonderwirklichkeit für DrogengebraucherInnen, die eine soziale Ausgrenzung weiter verstärkt. Aber inwieweit ist die Praxis der akzeptiernden Drogenarbeit selbst am Erhalt von Sonderwirklichkeiten beteiligt? Gibt es nicht auch im Bereich der niedrigschwelligen Drogenarbeit Extra-Versorgungstruktu-ren die vom Regelversorgungssystem übernommen ggf. sogar besser gemacht werden könnten? Z.B. Spritzentausch wäre eigentlich eine Aufgabe der Apotheken, die in der Regel viel längere Öffnungszeiten haben und die man auch in die Entsorgung gebrauchter Spritzen einbinden könnte, neben der Spritzenvergabe im Kontaktcafé. Auch in unseren Angeboten besteht die Tendenz, originär in andere Unterstützungssysteme eingebundene Leistungen auch noch in das Drogenhilfesystem zu integrieren: Schuldenregulierung, Arbeits- und Wohnprojekte nur für DrogengebraucherInnen. Integration meint jedoch gerade den gegensätzlichen Weg: gegen eine weitere „Klientelisierung“ der DrogenkonsumentInnen.
Zudem müssen Drogenhilfeträger und Selbsthilfeorganisiationen gemeinsam die Drogenmythen zerstören (vorver-urteilende Sprache, undifferenzierte Begriffe, wirklichkeitsfremde Vorstellung von Entstehung, Verlauf und Beendigung bsw. von Opiatkonsum). Aufklärung vor allem in einer Form von Gemeinwesenarbeit, um gemeinsam mit AnwohnerInnen drogenpolitisch sinnvolle und effektive, dezentrale Hilfseinrichtungen etablieren zu können.
Auf nationaler Ebene wirkt akzeptierende Drogenarbeit darauf hin, das Sonderstrafrecht „Betäubungsmittelge-setz“ abzuschaffen und die entsprechenden Substanzen in die Regelungs- und Kontrollmöglichkeiten bereits vorhandener Gesetze (bsw. Arzneimittelgesetz, Nahrungs- und Bedarfsgegenständegesetz) zu integrieren. Das Strafrecht als vermeintlich verhaltenssteuerndes Instrument hat nicht nur versagt, es hat mehr Schaden als Nutzen angerichtet. Die Doppelmoral der Teilprohibition bewirkt fundamental eine Unglaubwürdigkeit des Staates: Gleiches ungleich zu behandeln, entttarnt Drogenpolitik als Willkürpolitik.
Deshalb wird die Norm des Drogenverbots ohne Schuldbewußtsein vetreten und hat so den prohibitiven Ansatz schon lange ad absurdum geführt.

Vor diesem Hintergrund steht akzept e.V. für eine Normalisierung im gesellschaftlichen Umgang mit der Drogenproblematik und bedürfnisorientierter Angebote für DrogenkonsumentInnen.
Heino Stöver, Oldenburg im Juni 1999

Christine Kluge Haberkorn
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