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Aktuelles
Die hier aufgeführten Artikel geben nicht in jedem Fall die Meinung von akzept wieder!

Zur Diskussion um Anpassungen der BtMVV hat eine Gruppe von Verbandsvertretern ein Eckpunktepapier veröffentlicht: http://www.akzept.info/uploads1516/Eckppapier_BtMVV_19082015.pdf

Eine Gruppe von Suchthilfeträgern in Berlin fordert neue Wege in der Cannabispolitik: http://www.akzept.info/uploads1516/BerlinNeue WegeCannabispolitik.pdf

Auch die AG Dropo in Hamburg hat ein Statement zur Drogenpolitik veröffentlicht: http://www.palette-hamburg.de/index.php/palette-ev-aktuelles/228-positionspapier-der-ag-drogenpolitik-hamburg-zur-aktuellen-drogenpolitik

Bündnis90/DieGünen stellen ebenfalls einen Forderungskatalog zur Kontrollpolitik vor: http://www.akzept.info/uploads1516/Eckpunkte_CannabiskontrollG.pdf

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Der International Overdose Awareness Day wurde im Jahr 2001 in Melbourne ausgerufen.

Seitdem wird dieser Ge- und Bedenktag weltweit an jedem 31. August begangen..

Jährlich sterben weltweit Tausende und in Deutschland an die tausend Menschen an den Folgen ihres Drogenkonsums, viele davon durch Überdosierung. Diese Tode sind vermeidbar. Darauf soll am 31. August besonders hingewiesen werden.

In Deutschland ist der Anteil der Drogentoten, die an einer Überdosis in Verbindung mit Opioiden/Opiaten versterben ist seit Jahren konstant und liegt für das Jahr 2012 bundesweit bei 65%.

Die Zahl der sog. Drogentoten kann mit geeigneten Strategien weiter reduziert werden. Zum einen sind dies der Ausbau von geeigneten Formen des Kontaktes, Aufenthaltes, Beratung und Behandlung (z.B. in Drogenkonsumräumen und Kontaktläden).

Zum anderen ist es wichtig, DrogenkonsumentInnen auch für Krisensituationen (Überdosierung ist eine lebensgefährliche Krisensituation) zu stärken und auszubilden, die für andere Personenkreise kaum zugänglich sind. Deshalb müssen sie adäquat in Erster Hilfe ausgebildet werden. Diese Ausbildung muss über einen normalen Erste Hilfe Kurs für Drogennotfälle hinausgehen. Als zusätzliche Handlungsoption soll die verantwortungsbewusste Verabreichung des verschreibungspflichtigen Medikaments Naloxon erlernt werden. Dies ist notwendig, weil nicht immer die Möglichkeit besteht, unverzüglich einen Rettungswagen zu rufen

Für den Einsatz von Naloxon spricht:

► viele Überdosierungen passieren im privaten Umfeld

► oftmals sind andere Drogengebraucher/innen anwesend

► häufig sind sie nicht in der Lage, angemessen zu reagieren.

Die Botschaften zur Drogennotfallprävention müssen lebensweltnah vermittelt werden.

Die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung im Umgang mit Drogennotfällen muss erhöht werden.

Akzept und Partner fordern daher die breitflächige Implementierung von Take-Home-Naloxon-Programmen in Deutschland und die Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen dafür.

Siehe auch http://www.akzept.info/drogennotfallprophylaxe_leitfaden.html

www.overdoseday.com

am 12.08.2015 veranstalten akzept NRW, die AIDS-Hilfe NRW und der JES Bundesverband eine Fachtagung zu Safer Use: http://www.akzept.info/uploads2013/SaferuseFachtag.pdf

Die AG DROPO Hamburg hat eine Positionspapier zur Legalisierung von Cannabis vorgelegt, das von Befürwortern gezeichnet werden kann: http://www.akzept.info/uploads2013/PositionspapierAGDROPOHamburg.pdf

In der HR-Sendung vom 5. Mai hr-info "Fit & Gesund" zur E-Zigarette ist auch ein Interview mit Heino Stöver aufgezeichnet, der podcast ist hier als mp3 zu finden: http://www.hrinforadio.de

 Spiegel-TV hat in seinem Magazin einen informativen Beitrag zum Altersheim für Junkies in Unna gebracht: http://www.spiegel.tv/filme/altersheim-fuer-junkies-drogen/

Zur psychosozialen Betreuung Drogenabhängiger haben Deimel/Stöver einen Artikel veröffentlicht: http://www.psychologie-aktuell.com/news/aktuelle-news-psychologie/news-lesen/article/2015/01/15/1421310510-psychosoziale-betreuung-von-drogenabhaengigen-haeufig-katastrophal.html 

Seit November 2014 gibt es eine Datenbank im Netz,
mit deren Hilfe Wechselwirkungen zwischen Substitutionsmitteln und anderen Medikamenten ermittelt werden können. Auf Anregung der DGS haben einige Hersteller von Medikamenten diese Seite ins Netz gesetzt. Näheres finden Sie hier: http://www.dgsuchtmedizin.de/newsletter/fruehere-ausgaben/dgs-info-extraausgabe-vom-13012015-datenbank-zu-interaktionen-zwischen-substitutionsmitteln-und-anderen-medikamenten/

 

Am 24.11.2014 hat der Deutsche Hanfverband drei professionell gestaltete Werbespots zur Entkriminalisierung von Cannabis und zu Cannabis als Medizin in einer großen öffentlichen Veranstaltung am Potsdamer Platz vorgestellt: http://www.spiegel.de/video/hanf-spots-feiern-deutschland-premiere-legalisierung-von-cannabis-video-1538277.html  

 

"Cannabis - wir sprechen darüber:Miteinander, sachlich, kontrovers, offen" . Erste Frankfurter Fachtagung zu Cannabis am 17. November 2014: Cannabis und der Frankfurter Weg

Dazu die Pressestimmen:
www.fr-online.de/frankfurt/cannabis-legalisierung-auf-dem-weg-zur-legalisierung,1472798,29067380.html

www.abendblatt.de/vermischtes/article134429777/Experten-fordern-Entkriminaliserung-von-Cannabis-Konsum.html

www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=3003

Ein Intervie von Heino Stöver zur Legalisierung von Cannabis: https://www.ndr.de/ndrkultur/Sozialwissenschaftler-Heino-Stoever-zur-Legalisierung-von-Cannabis,audio223630.html

Die einzelnen Vorträge finden Sie hier: http://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=3003_ffmpar[_id_inhalt]=26738041

 

02. Experten hinterfragen Anti-Drogen-Politik
Ausschuss für Gesundheit (Anhörung am 05.11.2014)

Berlin: (hib/PK) Die Anti-Drogen-Politik in Deutschland muss nach Ansicht von Sozial- und Rechtsexperten überprüft und korrigiert werden. Bei einer öffentlichen Anhörung über einen von den Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten Antrag (18/1613) mit dem Ziel, die Verbotspolitik wissenschaftlich zu überprüfen und auf der Basis zu reformieren, machten die Sachverständigen deutlich, dass insbesondere einzelne Strafandrohungen gegen Drogenkonsumenten, aber auch Ärzte sehr kritisch zu sehen sind. Eine wissenschaftliche Evaluation sei überfällig.

Überdies plädieren mehrere Experten in ihren Stellungnahmen dafür, im Fall von Cannabis (Haschisch/Marihuana) bundesweit einheitliche Mengen für den vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich gewährten zulässigen Eigenverbrauch festzulegen. Die meisten Gutachter begrüßten den Vorschlag, in einer überparteilichen Enquete-Kommission das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) insgesamt zu bewerten und Reformvorschläge zu erarbeiten.

Rechtsexperten und Fachleute aus der polizeilichen Praxis wandten sich in ihren Stellungnahmen zugleich gegen eine unkontrollierte Drogenfreigabe, da andernfalls insbesondere für junge Leute neue Anreize zum Drogenkonsum gesetzt würden. Die Experten machten im Zusammenhang mit der Drogendebatte auch deutlich, dass Zigaretten und Alkohol ähnlich problematisch wirken wie klassische Drogen, aber nicht der Prohibition unterliegen, was in der Bevölkerung schwer vermittelbar sei.

In der Anhörung forderte ein Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin die Abgeordneten nachdrücklich dazu auf, nicht aus parteitaktischen oder ideologischen Gründen die lange überfällige wissenschaftliche Überprüfung des über 40 Jahre alten Betäubungsmittelgesetzes zu verhindern. Es gebe heute ganz neue Erkenntnisse in der Suchtforschung. So werde die totale Abstinenz bei Drogen oder auch Alkohol oft nicht mehr angestrebt, weil sie sich nicht in jedem Fall umsetzen lasse. Hinzu komme die erfolgreiche Substitution harter Drogen (Drogenersatz), die rechtlich besser untersetzt werden müsse, auch um verschreibende Ärzte zu schützen.

Eine Sprecherin der Berliner Fachstelle für Suchtprävention monierte, es werde zu viel Geld in die Strafverfolgung (Repression) gesteckt, statt die Vorbeugung (Prävention) zu stärken. Die Anti-Drogen-Politik stehe auf den vier Säulen Prävention, Beratung und Behandlung, Schadenbegrenzung sowie Repression, wobei letzteres die „Elefantensäule“ sei, die es zurückzudrängen gelte. Das in sich geschlossene Konzept habe „Schlagseite“. Es müssten mehr Mittel in die Prävention fließen. Gerade junge Leute bräuchten mehr fachliche Hilfestellung, um „risikokompetente Entscheidungen“ treffen zu können.

Ein Rechtsexperte, der früher als Oberstaatsanwalt mit Betäubungsmittelkriminalität zu tun hatte, merkte an, mit Strafen und Verboten allein könne der Drogenkonsum nicht eingedämmt werden. Überdies sei die Selbstschädigung straflos, sonst müssten auch Sammler von Giftpilzen oder Raucher bestraft werden. Stattdessen würden hier Hilfen angeboten. Das Strafrecht habe den Drogenmissbrauch insgesamt nicht verringert. Eine „schrankenlose Legalisierung“ von Drogen sei gleichwohl abzulehnen. So müssten der globale illegale Drogenhandel und Drogenschmuggel weiter streng verfolgt werden.

Ein anderer Oberstaatsanwalt erklärte, das Betäubungsmittelgesetz funktioniere gut und habe sich bewährt. Die Zahl der Konsumenten sei vergleichsweise klein und auch die Prävention zeige Wirkung. Änderungsbedarf gebe es aber etwa hinsichtlich der einheitlichen Regelung zum Umgang mit Cannabis. Eine wissenschaftliche Evaluierung der Drogenverbotspolitik sei nicht zielführend.

Nach Ansicht des Bundes Deutscher Kriminalbeamter hingegen gibt es eindeutig zu wenig wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse über die Wirkungsweise des Betäubungsmittelgesetzes. Ein „weiter wie bisher“ scheine jedenfalls nicht angebracht, erklärte der Verband in seiner Stellungnahme. Wesentliche gesellschaftlich relevante Fragen im Bereich der Drogenpolitik seien bis heute unbeantwortet. Der Bundestag sollte die „facettenreiche Diskussion“, zu der auch der gesellschaftliche Umgang mit Alkohol und Tabak gehöre, daher aufgreifen.

Deutscher Bundestag
Parlamentskorrespondenz, PuK 2
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Tel.: +49 30 227-35642, Fax +49 30 227-36001
E-Mail: vorzimmer.puk2@bundestag.de
Hier die Videoaufzeichnung der Anhörung: http://www.youtube.com/watch?v=iPqnmVI2YdM

Aus dem Parlament
( Deutscher Bundestag, Parlamentskorrespondenz, PuK 2)


Berlin 28.10.2014: (hib/SCR) Die Bundesregierung sieht keinen Grund zur Annahme, dass die gegenwärtige Drogenpolitik unerwünschte Folgen hat. Das geht aus einer Antwort (18/2937) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/2711) hervor. Die Fragesteller hatten sich nach den Konsequenzen der von ihr als „Verbotspolitik“ bezeichneten Regelungen im Betäubungsmittelrecht erkundigt. Laut Antwort der Bundesregierung sind die Regelungen im Betäubungsmittelrecht, also die Handlungsverbote, Straf- und Bußgeldbewährung, und die generalpräventiven Regelungen wichtig sowohl für den Schutz der Bevölkerung im Allgemeinem als auch des Einzelnen. Zudem befände sich das deutsche Betäubungsmittelrecht im Einklang mit dem Suchtstoffübereinkommen der Vereinten Nationen. Eine Freigabe des Freizeitgebrauches von Cannabis, wie etwa in zwei Bundesstaaten der USA sowie in Uruguay, sei daher abzulehnen. Im Gegensatz zu anderen Ländern verfolge die Bundesregierung einen „starken gesundheitspolitischen Ansatz“, führe also keinen „Krieg gegen Drogen“. Dies gelte auch für die Europäische Union. In Bezug auf sogenannte Neue Psychoaktive Substanzen, zum Beispiel bestimmte Räuchermischungen, bekräftigt die Bundesregierung in ihrer Antwort, einzelne Inhaltsstoffe unter das Betäubungsmittelgesetz zu stellen und somit zu verbieten. Dies werde voraussichtlich zu einer „Einschränkung der Verfügbarkeit und Verbreitung“ der betreffenden Substanzen führen.

Rettet die E-Zigarette die Rauchkultur? fragte die TAZ in ihrer Sonntagsausgabe vom 15. Juni 2014:
Die Stellungnahme von Heino Stöver und anderen: pdf

 

Eine Auswahl von Interviews, die Heino Stöver in 2014 zur Drogenpolitik gab:

„Drogenpolitik in Deutschland: Weniger Strafen, mehr Verantwortung“. Interview mit Alina Schadwinkel. ZEIT ONLINE 18.4.2014 : http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2014-04/drogenpolitik-deutschland-cannabis

„Der Rausch braucht eine neue Logik“. Zeit online Journal. Interview mit Sven Stockrahm. 2014:
http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2014-02/drogen-entkriminalisierung-cannabis-
global-drug-survey/seite-2

„Das tödliche Risiko des Kampftrinkens auf Youtube“. Interview mit Paulina Czienskowski, in Die Welt, 5.2.14:
http://www.welt.de/vermischtes/article124536707

Funk & Fernsehen

„Mit Drogen leben lernen - Durch Legalisierung den Drogenkrieg eindämmen: Der Frankfurter Sozialwissenschaftler Prof. Heino Stöver plädiert für eine kontrollierte Legalisierung von Drogen. Je nach Gefährlichkeit sollen sie abgestuft zugänglich sein“. 3SAT, nano spezial, 18.3.2014: http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=42447

Interviewpartner in HR1 (26.2.14): „Neue Medien können persönliche Kontakte nicht ersetzen“:
http://www.hronline.de/website/suche/home/mediaplayer.
jsp?mkey=50966711&type=a&xtmc=st%F6ver&xtcr=2

Interviewpartner in der Deutschen Welle: “Saludamos la decisión de Uruguay“. (mit Eva Usi):
http://www.dw.de/saludamos-la-decisi%C3%B3n-de-uruguay/a-17004363

 

Am 28. November 2013 fand in Frankfurt der Fachtag Drogennotfallprophylaxe und Naloxon statt. Veranstalter waren die Integrative Drogenhilfe Frankfurt und akzept e.V.

 

Die International Conference on Drug Policy and Policing fand am 14. und 15. November 2013 ebenfalls in Frankfurt statt. Das Programm und einige Vorträge stehen demnächst unter'Projekte und Veranstaltungen zum Download. Hier die Hintergrundinformation und die Abschlußerklärung:
http://www.opensocietyfoundations.org/briefing-papers/policing-drug-trade-frankfurt-way ; http://www.opensocietyfoundations.org/briefing-papers/frankfurt-principles

 

Am 5. und 6. Dezember fanden ebenfalls in Frankfurt die Gefängnismedizintage 2013 statt.
Das Thema war Hepatitis und Haft. An der Tagung nahmen rund 90 Ärzte und Pflegekräfte aus Justizvollzugsanstalten in Deutschland teil. Die Referate stehen demnächst ebenfalls unter Projekte und Veranstaltungen zum download bereit. 

 

Der Protest-, Aktions- und Trauertag 21. Juli 2013 „Nationaler Gedenktag für verstorbene Drogenabhängige“ stand in diesem Jahr unter der Schirmherrschaft von Dr. Joe Bausch.

Das Motto des diesjährigen Gedenktages ist: Gesundheitsversorgung in Haft. Gefangene haben das Recht auf bestmögliche Gesundheitsversorgung! Der Entzug der Freiheit darf nicht mit dem Verlust von Menschenrechten einhergehen.

Der Aufruf mit den Forderungen:
http://www.gesundinhaft.eu/?page_id=138

 

Am 5. Juni 2013 fand eine öffentliche Anhörung im Gesundheitsausschuss zur Substitutionsbehandlung statt. Gegenstand der Anhörung waren drei Anträge der Oppositionsfraktionen. http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2013/45017686_kw23_pa_gesundheit2/

Dabei fordert die SPD in ihrem Antrag (17/12181) eine Reform der Verordnung und will, "dass die Anzahl der Ärztinnen und Ärzte mit einer fachlichen Qualifikation für Substitutionsbehandlungen insgesamt erhöht wird". Die Linksfraktion spricht sich dafür aus (17/12825), die "fachlich-medizinischen Festlegungen aus der BtMVV zu streichen und der Selbstverwaltung zu übergeben". Dies solle insbesondere das Behandlungsziel, die Therapievoraussetzungen und die Festlegung auf bestimmte Applikationsformen oder Wirkstoffe der Substitutionsmittel betreffen. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will die Verordnung so reformieren, dass die darin enthaltenen Vorgaben "zukünftig durch eine dem aktuellen Stand der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft entsprechenden Behandlungsrichtlinie der Bundesärztekammer geregelt werden" (17/13230).
Mehrere Sachverständige unterstrichen, dass das Ziel der Abstinenz in den meisten Fällen nicht zu erreichen sei. So betonte Hans-Günther Meyer-Thompson von der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin, Erfahrungen aus allen Ländern, in denen Substitionsbehandlungen stattfinden, belegten, dass Patienten zusätzliche Substanzen einnehmen würden. Darauf gebe es "keine allgemeingültige Antwort". Prof. Dr. Heino Stöver von der Fachhochschule Frankfurt unterstrich, dass das Abstinenzparadigma aus den rechtlichen Rahmenbedingungen "gestrichen" werden müsse, weil dies ein "unrealistisches Ziel" wäre. Die Behandlung könne auch dazu beitragen, Patienten psychisch und sozial zu stabilisieren. Auch Wilfried Kunstmann von der Bundesärztekammer sagte, Abstinenz sei ein wichtiges Ziel, in vielen Fällen aber unrealistisch. Es entspreche der "medizinisch-ärztlichen Weisheit", Ziele "auf dem Niveau des Patienten" und an seiner aktuellen Situation ausgerichtet zu definieren. Beispiele aus Bayern aber zeigten, dass die Strafverfolgungsbehörden die Abstinenz als Primärziel begriffen – daher müsse ein Konzept her, dass "Klarheit für alle Beteiligten" bieten könne. Für Dr. Jürgen Vieten, Psychiater und Psychotherapeut aus Mönchengladbach, ist neben finanziellen Problemen die rechtliche Situation Grund dafür, dass viele Ärzte die Substitutionsbehandlung nicht anböten.
Auf http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a14/anhoerungen/am_Substitution/index.jsp sind die Tagesordnung, die Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen zu finden. Weitere Informationen auf http://www.bundestag.de/Mediathek

Die Stellungnahme von akzept: http://www.gesundinhaft.eu/?page_id=138

 

Am 17.04.2013 fand im Deutschen Bundestag/Gesundheitsausschuß eine Anhörung zum Konsum von synthetischen Drogen und zur kontrollierten Freigabe von Cannabis statt. Akzept wurde durch Maximilian Plenert vertreten.

Hier ein Video und Kurzinformationen dazu: http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2013/43633829

Ethan Nadelman: http://www.youtube.com/watch?v=aopdBmMifKk

Georg Wurth: http://www.youtube.com/watch?v=7Dr8bXkrlio

Maximilian Plenert: http://www.youtube.com/watch?v=WdB9JWqR4OA

Das Institut für Suchtprävention Linz hat eine akzept-Publikation zum Buch des Monats erklärt:
Nach dem Krieg gegen die Drogen. Modelle für einen regulierten Umgang.
>> siehe Literatur

Im Vormonat war es 'Saufen mit Sinn', herausgegeben von Henning Schmidt-Semisch und Heino Stöver. 

Ein Interview mit Heino Stöver zur Notwendigkeit von Änderungen in der Drogenpolitik: http://youtu.be/bhPjpQx5FYM


Alkohol? Kenn Dein Limit. Eine Aktion der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit Unterstützung des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V.
Dazu ein Interview mit Heino Stöver:
http://www.kenn-dein-limit.info/news/artikel/interview-mit-prof-stoever.html

Ein weiteres Interview von Heino Stöver zur Legalisierung:
http://www.freie-radios.net/49787

Vortrag von Maximilian Plenert 'Gebt das Hanf frei...'
http://www.youtube.com/watch?v=ZrxGBFut3m0

Ansprache von Urs Köthner am 21.07. in Frankfurt: http://www.gesundinhaft.eu/wp-
content/uploads/2011/05/Gedenktag2012-FrankfurtUK.pdf

Ein Bericht über den ersten Cannabis Social Club in Belgien: http://www.ardmediathek.de/das-erste/europamagazin/belgien-fast-legale-cannabisplantagen?documentId=11201304

Am 29.06. 2012 veranstaltete DIE LINKE in Berlin ein öffentliches Fachgespräch: "Den Teufelskreis durchbrechen! Drogenpolitik auf dem Prüfstand"

Vortrag Heino Stöver: http://www.youtube.com/watch?v=vjuAnSqdkqE&feature=related

Vortrag Frank Tempel und weitere: http://www.youtube.com/user/TempelFrank

 

"Nach dem Krieg gegen die Drogen: Modelle für einen regulierten Umgang" ist soeben erschienen!
Die von akzept herausgegebene deutsche Fassung von 'After the War on Drugs: Blueprint for Regulation' von Transform (UK) ist ab sofort bei akzept zu beziehen.
-- siehe Literatur
-- pdf

Ebenfalls gerade erschienen sind im Fachhochschulverlag Frankfurt/M.ain:
"Entkriminalisierung von Drogenkonsumenten - Legalisierung von Drogen" (Gerlach, R.; Stöver, H.; Hrsg., 2012).
Eine Zwischenbilanz der Effekte der selektiven Prohibition mit detaillierten Beschreibungen der alternativen Drogenkontrollpraktiken in den Niederlanden, Tschechien, Spanien und Portugal.

Besprechungen: http://www.socialnet.de/rezensionen/13608.php 

"Saufen mit Sinn - Harm Reduction und Alkoholkonsum" (Schmidt-Semisch, H.; Stöver, H.; Hrsg., 2012).
Die Übertragung des bewährten Harm Reduction Ansatzes auf die Debatte um den richtigen Umgang mit Alkohol.
Siehe dazu auch: http://fhverlag.de/index_haupt2.php?c=b&p=&UID=79i6MI9mzB
flyer: pdf  

Mexikaner" erhält den Aachener Friedenspreis

Der mexikanische Menschenrechtsaktivist Alejandro Cerezo Contreras und seine Organisation *Comité Cerezo* haben den Aachener Friedenspreis erhalten:
http://www.aachener-friedenspreis.de/preistraeger/archiv/jahr-2012.html

Die Bürgerinitiative aus der Aachener Friedensbewegung zeichnet damit die Arbeit der Organisation für die 'Einhaltung der Menschenrechte und ein friedliches Zusammenleben aus.

 

 

Urteile des Landgerichts Augsburg zur Substitutionsbehandlung

Das Landgericht Augsburg hat die Klage zweier in Kaisheim einsitzender Häftlinge auf Erhalt einer Substitutionsbehandlung abgelehnt. akzept und andere Fachverbände sehen in diesem Urteil eine Verletzung der Patientenrechte.
Dazu ein offener Brief von akzept an Frau Dr. Merk.
pdf

Die Stellungnahme der Deutschen AIDS-Hilfe: http://www.aidshilfe.de/de/aktuelles/meldungen/deutsche-aids-hilfe-kritisiert-menschenverachtende-gerichtsbeschluesse

Die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin: pdf

 

In den Niederlanden darf ab 1. Mai 2012 Cannabis in einigen Provinzen nur noch an in den NL gemeldete Bürger verkauft werden: http://www.tagesschau.de/ausland/eu/cannabis104.html

 

Beim Amerikagipfel hat Präsident Obama erstmals Gespräche über eine Änderung der Drogenpolitik nicht ausgeschlossen: http://www.tagesschau.de/ausland/amerikagipfel120.html

Weltmacht Rauschgift - Der verlorene Krieg

Wieder einmal tagten die Rauschgift-Experten der Vereinten Nationen in Wien. Sucht und Rauschgifthandel ind ohne Frage weltweit ein gravierendes Problem. Begegnet wird diesem Problem weiterhin mit dem 'Krieg gegen die Drogen', obwohl sogar der Bericht der Global Commission ein UMDENKEN empfahl.
Hier dazu ein Interview von hr2 mit Heino Stöver:
http://mp3.podcast.hr-online.de/mp3/podcast/derTag/derTag_20120314.mp3

Ein Video vom Drug Peace March am 10. März in Wien:
http://www.encod.org/info/DRUG-PEACE-FESTIVAL-DURING-UN.html

In einem weiteren Video von Peter Sarosi, Hungarian Civil Liberties Union: kommen einige wichtige Sprecher der Konferenz zu Wort (Yury Fedotov, Gil Kerlikoske, Martin Jelsma, Damon Barret, Allen Clear und Mike Trace): http://drogriporter.hu/en/node/2044

 

„Der Vortrag von Robert Newmann zum 20jährigen Bestehen von akzept am 09.12.2010 in Berlin auf YouTube:

http://www.youtube.com/watch?v=Emv6X2-3JTU&feature=youtu.be

 

Neue Beiträge zur Legalisierungsdebatte:

- ein audio vom 04.01.2012 in der Länderzeit es Deutschlandfunk (Thekla Jahn): http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2012/01/04/dlf_20120104_1010_5942c0cf.mp3

- 'Wir wollen keine Prohibitionisten sein' sagte der spanische Gesundheitsminister Rafael: http://www.aerztezeitung.de/news/article/683403/basken-wollen-cannabis-legalisieren.html und eine Meldung der baskischen Regierung: http://www.encod.org/info/BASQUE-GOVERNMENT-REGULATES.html

 

Drogen legalisieren: Münsters Polizeipräsident und der Indro-Chef im uFaFo-Interview von ufafo.ms in Kultur, Repression;

Das komplette Interview:
http://ufafo.de/blog/2011/12/drogen-legalisieren-munsters-polizeiprasident-und-der-indro-chef-im-ufafo-interview/

und in der Münsterschen Zeitung vom 04.12.2011:
http://www.muensterschezeitung.de/lokales/muenster/Polizeipraesident-fuer-Legalisierung-von-Drogen;art993,1488228#.TtzXboDF-Wt.facebook

und die politische Reaktion:Landtag soll Absetzung von Polizeichef Wimber prüfen (Münstersche Zeitung, 5.12.11)
http://www.muensterschezeitung.de/lokales/muenster/Landtag-soll-Absetzung-von-Polizeichef-Wimber-pruefen;art993,1489248

 

Krokodil“ frisst Löcher in den Verstand

Eigentlich wüssten wir: jedes Opioid mit Wirkung vom Morphintyp ist im Prinzip gleich wie jedes andere zu beurteilen. Unterschiede gibt es in der Pharmakokinetik, der Wirkdauer und Wirkstärke, aber in aequipotenten Dosen wirken alle schmerzstillend und sind bei vulnerablen Individuen in der Lage Abhängigkeitssyndrome auszulösen.Keine Substanz ist teuflischer als eine andere. In reiner Form eingenommen ist ihre Einnahme mit relativ wenigen unerwünschten Wirkungen ohne weiteres vereinbar mit einem geordneten bürgerlichen Leben.

Eigentlich wüssten wir: die Belegung einer Substanz mit Prohibition führt dazu, dass jegliche Qualitätskontrolle in Bezug auf Reinheit und Dosis ausgeschlossen ist. Eigentlich wüssten wir: in Bezug auf ihre bevorzugte Substanz zeigen Abhängige ökonomisch gesehen eine „unflexible Nachfrage“. Wird der Zugang zum Produkt zu stark beschränkt wie durch die Prohibition, wird auf ein Ersatzangebot ausgewichen. Eigentlich wüssten wir: wo eine unflexible Nachfrage besteht, entsteht ein Angebot. Wird das Angebot in die Illegalität verbannt, wird der Anbieter sich nicht um die Qualität in Bezug auf chemische, bakterielle, fungale und virale Verunreinigungen kümmern und versuchen möglichst billig zu produzieren (Beispiel das schon länger bekannte „black tar“ Heroin in den USA). Die Risikoabwägung des Konsumenten wird durch seine unflexible Nachfrage übersteuert. In dieser Situation nützen wohl gemeinte Ermahnungen nichts.

Eigentlich wüssten wir: mit der allgemeinen „Boulevardisierung“ der Medien in den letzten Jahren, gelten fundierte und gut recherchierte Inhalte wenig, was zählt sind fette Schlagzeilen und süffige mit Superlativen gespickte Stories. Entsprechend ist die Fachwelt gut beraten, in diesen Chor nicht einzustimmen. Eigentlich wüssten wir: substitutionsgestützte Behandlungen sind gut evaluiert und sehr geeignet, Abhängigkeitsproblemen mit Opioiden entgegenzuwirken. Restriktiver Zugang zu solchen Behandlungen fördert die illegalen Märkte und die damit verbundenen Probleme wie z.B. die Verbreitung von HIV und Abszessen. Also: das aktive Wirkprinzip in der Droge „Krokodil“ ist Desomorphin, einfach ein weiteres Opioid vom Morphintyp. Die beobachteten Schädigungen der Konsumenten sind nicht Folge der Substanz, sondern sind Kollateralschäden der Prohibition. Bitte wieder den Verstand einschalten! Verschärfte Prohibition ist sicher nicht die Lösung des primär durch die Prohibition verursachten Problems.

Dr. med. Robert Hämmig, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Suchtmedizin SSAM. http://www.ssam.ch

 

Eskalation des Drogenkrieges in Mexiko -
was hat das mit Deutschland zu tun?

Der grausame Drogenkrieg in Mexiko eskaliert: Über 40.000 Tote seit 2006, als Präsident Felipe Calderón den Drogenkartellen den Kampf ansagte. Was folgte waren Aufstockung des Militärs auf über 50.000 Soldaten, exorbitanter Anstieg der Militärausgaben und eine geschockte Zivilbevölkerung, verängstigt, zentrale bürgerliche Freiheiten sind bedroht oder bereits zerstört (z.B. Pressefreiheit).

Kaum noch ein Tag, an dem wir nicht mit Schreckensnachrichten über Anschläge und kaltblütige Morde konfrontiert werden – und uns daran gewöhnen. Dieser Drogenkrieg scheint vielen unabänderlich, ein Naturereignis, er muss schicksalhaft hingenommen werden.

Angela Merkel hat der mexikanischen Regierung und den Angehörigen der Opfer ihr Mitgefühl ausgesprochen nach dem jüngsten Massaker in einem Spielcasino in Monterrey mit über 50 Toten. Das alles hat also nichts mit uns zu tun, mit der Drogennachfrage und vor allem der drogenpolitischen Hilfestellung für mafiöse Strukturen und Gewinngarantien, die wir den Kartelle durch die Prohibition zusagen? Ist es nicht der verbotsbedingte Schwarzmarkt, der diese Terrorakte erst provoziert und durch enorme Gewinnmargen lukrativ macht? Reicht unser ‚Mitgefühl’ oder sollten wir nicht lieber unsere Mitverantwortung eingestehen? Die Nachfrage nach Drogen bei uns füllt die Kassen der Produzenten und Kartelle, finanziert ihre Waffen und Kriegsausrüstungen.

Der weltweite Kampf gegen den Handel mit illegalen Drogen ist verloren, oder besser nicht zu gewinnen, auch nicht zu kontrollieren oder einzudämmen. Dieses Eingeständnis macht uns der Krieg in Mexiko klar: Menschenleben zählen angesichts der Profithoffnungen gar nicht: die Gewalt eskaliert gegen das Militär, gegen die Zivilbevölkerung, gegen alles und jeden, der sich der Profitgier in den Weg stellt. Enthemmung gegenüber Menschlichkeit und Demokratie – wahrscheinlich haben sie auch noch die besseren Waffen.

Aber haben wir keine intelligenteren Möglichkeiten der Drogenkontrolle? Sollten wir nicht beginnen Gesundheitsthemen, wie Drogenkonsum/-abhängigkeit, auch gesundheitspolitisch anzugehen, statt ausschließlich repressiv oder gar militärisch?

Ein Systemwechsel ist nötig – ähnlich dem Atomausstieg oder dem Umstieg auf Elektroautos. Wer die Presse aufmerksam verfolgt merkt, dass die Kritiker dieses globalen Drogenkrieges mehr werden. Sie fordern, dass der Eigenbedarf großzügig geregelt werden sollte - Modelle in den Niederlanden, Tschechien und Portugal weisen uns den Weg zu einer Entkriminalisierung der DrogenkonsumentInnen. Wir können uns dieses Wegsehen auf den globalen Drogenkrieg nicht mehr leisten! Wir müssen uns eingestehen, dass der Drogenkrieg in Mexiko auch in Deutschland stattfindet – und nur von uns beendet werden kann!

Berlin, 28. August 2011,akzept Vorstand, Prof. Dr. Heino Stöver

Die Deutsche Aids-Hilfe hat anlässlich des Gedenktages für verstorbene DrogengebraucherInnen einhern achten -e Unterschriftenaktion zum Thema 'Menschenrechte von inhaftierten Drogengebrauc Gesundheit und Leben schützen!' eingerichtet.
Die Aktion richtet sich an die Justizminister der Länder und kann unter www.drogenundmenschenrechte.de eingesehen und unterstützt werden.

 

21. Juli - Nationaler Gedenktag für verstorbene Drogenabhängige.

Seit 1998 wird dieser Gedenktag begangen und hat sich zum Aktionstag entwickelt, der in vielen Regionen Deutschlands begangen wird. Überregional mahnen die Veröffentlichungen von DAH, dem JES Bundesverband und dem Bundesverband der Eltern und Anghörigen für akzeptierende Drogenarbeit:
>> Flyer Eltern.pdf
>> DAH Flyer 21.Juli.pdf

Für die Region Augsburg laden die Drogenhilfe Schwaben, JES Augsburg und der Pfarrer vom Annahof zu einer Gedenkveranstaltung ein:
>> 21.Juli Augsburg.pdf

In Nürnberg veranstaltet MUDRA einen Gedenkabend:
>> Mudra Erinnerungsfeier 2011.pdf

und in Berlin wird eine Feier am Oranienplatz stattfinden:
>> 21.Juli Berlin.pdf

 

PRESSEMITTEILUNG

akzept e.V.; DAH e.V.; DGS e.V.

Ursachen des nichtbestimmungsgemäßen Konsums von Substitutionsmitteln

Mit der Vorstellung der Folgestudie zur nicht bestimmungsgemäßen Verwendung von Substitutionsmitteln in Deutschland des Zentrums für Interdisziplinäre Suchtforschung (ZIS) der Universität Hamburg wurde ein weiterer Schritt getan um zukünftige Herausforderungen in der Behandlung Opiatabhängiger anzugehen. Die Gesamtheit der Ergebnisse der o.g. Studie unterstreichen sehr deutlich die protektiven Faktoren der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger in Deutschland. Unserer Ansicht nach gilt es nun allerdings die richtigen Schlüsse zu ziehen um die Potentiale der Substitutionsbehandlung für Opiatabhängige zu fördern. Der nichtbestimmungsgemäße Gebrauch von Betäubungsmitteln ist ein Phänomen, das eine differenzierte Betrachtung verlangt, um einerseits für die Behandlungsform kurzsichtige und schädliche Veränderungen zu vermeiden, und andererseits zu einer fruchtbaren Diskussion der Qualitätsverbesserung beizutragen. Hierbei gilt es das Augenmerk auf folgende Punkte zu richten:

Die Substitutionsbehandlung kann durch die Erweiterung der Palette der zur Verfügung stehenden Medikamente wesentlich individueller auf unterschiedliche Bedürfnisse, Unverträglichkeiten und Wünsche von Patienten reagieren. Wie in den Studienergebnissen zu sehen, ist die auf den ersten Blick deutlich häufigere nichtbestimmungsgemäße Verwendung von Methadon und Polamidon aufgrund der wesentlich größeren Marktanteile (ca.80% Methadon/Polamidon, 20% Buprenorphin/ Suboxone) nicht überraschend. Ein tatsächliches Bild der nichtbestimmungsgemäßen Verwendung kann erst unter Einbeziehung und Beachtung der Marktanteile gezeichnet werden. Wie bereits in der Studie erwähnt, zeigt sich, dass Substitutionsmedikamente, die in Tablettenform verschrieben werden (Methaddict, Buprenorphin und Suboxone) besonders häufig nichtbestimmungsgemäß konsumiert werden und auf dem Schwarzmarkt sehr beliebt sind.

Für uns als Fachverbände stellt sich aber weniger die Frage, welche Substanzen nichtbestimmungsgemäß konsumiert werden. Denn hier sehen wir in den bereinigten Zahlen keine Substanzgruppe die besonders häufig oder selten nichtbestimmungsgemäß verwendet wird.

Einmal mehr müssen wir uns den Gründen des nichtbestimmungsgemäßen Gebrauchs sehr detailliert zuwenden. Die vorgestellten Daten erlauben bereits einige Rückschlüsse auf die Beweggründe der in Substitutionsbehandlung befindlichen Patienten:

Das Motiv „Dosis ist zu niedrig“, das von jedem fünften Befragten in der „praxisnahen Gruppe“ angegeben wird, muss uns zum Nachdenken bringen. Verschiedene Studien zeigen, dass die Interaktion von Substitutionsmitteln mit anderen Medikamenten (z.B. antiretrovirale Therapie bei AIDS-erkrankten Patienten) maßgeblich die Wirkungsstärke des verschriebenen Substitutionsmedikaments beeinflusst. Also wird bei HCV/HIV-infizierten Patienten in (ART-/Interferon-Behandlung) die Dosis des Substitutions-medikaments von Patienten oft als zu niedrig empfunden. Zu Recht!

Aus der Praxis wissen wir außerdem, dass in vielen Praxen und Ambulanzen nach dem Grundsatz „so wenig wie möglich“ verfahren wird. Dies zeugt von mangelndem Verständnis der Substitutionsbehandlung. Im Sinne der Reduzierung des nichtbestimmungsgemäßen Gebrauchs von Substitutionsmitteln sowie von Heroin gilt es eine grundsätzliche Diskussion über die verordneten (Mindest-)Dosen zu führen.

Das Motiv „Kein Heroin verfügbar“, das ebenfalls von 20% der Substituierten in der „praxisnahen Gruppe“ angegeben wurde legt nahe, dass hier ein permanenter Beigebrauch von Heroin vorliegt und mit den zur substitutionsgestützten Behandlung eingesetzten Substanzen keine ausreichen-den Behandlungserfolge (mehr) erzielt werden können. Gerade für diese Gruppe könnte die diamorphingestützte Behandlung eine Alternative darstellen. Darüber hinaus ist bekannt, dass die eingesetzten Substitute - zumal in geringer Dosierung - keinen „Kick“ erzeugen, der von vielen Opiatkonsumenten jedoch als positiv beschrieben wird. Mit dem bisher ausgebliebenen Ausbau der diamorphingestützten Substitutionsbehandlung könnte man jenen Patienten eine neue Option bieten. Wir wissen aus vielen Praxisberichten zudem, dass vielen Patienten die intravenöse Applikation von Substanzen, die sie teilweise über Jahrzehnte täglich praktiziert haben, fehlt.

Große Sorgen bereitet uns aber vor allem das Motiv „keinen Arzt gefunden“, dass von 16% der Befragten in der szenenahen Gruppe angegeben wurde. Da diese Antwort ausschließlich jenen 156/157 Personen zugeordnet werden kann, die angaben nicht substituiert zu werden, gewinnt diese Aussage erheblich an Bedeutung. Über 30% der nicht substituierten Patienten machen mit ihren Aussagen deutlich, dass sie eigentlich für eine Behandlung bereit wären, aber aus unterschiedlichen Gründen keinen Arzt finden. Die immer weiter auseinanderklaffende Schere zwischen substituierenden Ärzten und substituierten Patienten ist bereits vielfach angemerkt und diskutiert worden. Bisher ohne jeglichen Erfolg.

Eine Studie des Bundesverbandes akzept e.V. im Jahr 2010 zeigte, dass viele Ärzte die über die suchtmedizinische Qualifikation verfügen eine Substitutionsbehandlung aufgrund der rigiden und engen Bestimmungen der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung ablehnen. Ziel muss es daher sein die veränderten Richtlinien der Bundesärztekammer als Ausgangspunkt für eine Anpassung der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung, sowie der Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (RMvV), die die Grundlage für die Abrechenbarkeit der Behandlung bilden, zu nutzen.

Eine vermehrte Rechtssicherheit kann nur durch gleichlautende Richtlinien erwirkt werden. Maßstab hierfür müssen unserer Ansicht nach die Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger sein, die den aktuellen Stand der Wissenschaft abbilden.

Darüber hinaus wird der Beginn einer Substitutionsbehandlung von der Durchführung einer psychosozialen Begleitbehandlung abhängig gemacht. Der Bundesverband akzept e.V, die Deutsche Aids-Hilfe e.V., die Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin e.V. und viele andere Organisationen fordern seit Jahren eine Entkopplung der medizinischen Behandlung und der psychosozialen Begleitung (PSB), um nicht noch weitere Hürden für den Beginn der z.T. überlebenswichtigen Substitutionstherapie aufzubauen.

Es darf nicht sein, dass wirksame Pharmakotherapien aufgrund des Fehlens einer PSB verweigert werden. Allein die medizinische Behandlung ist evidenzbasierte Therapie, die eine Vielzahl von positiven gesundheitlichen und sozialen Effekten bewirkt, so dass sie auch ohne begleitende PSB zwingend durchgeführt werden muss.

Keinesfalls sollten die Ergebnisse der Studie des Zentrums für Suchtforschung (ZIS) in Hamburg dazu benutzt werden, dass die Vielfalt der eingesetzten Substanzen, die in Zukunft durch retardierte Morphine (siehe Beispiele in Österreich und Slowenien) noch erweitert werden könnte, in Frage gestellt wird. Die Vielzahl der Präparate mit unterschiedlichen pharmakologischen Eigenschaften stellt eine der großen Fortschritte in der Behandlung Opiat abhängiger dar und hat zu einer Individualisierung der Substitution beigetragen und somit die Qualität der Substitutionsbehandlung erhöht.

Schließlich muss auf das Kernproblem der Substitutionsbehandlung hingewiesen werden: Wenn immer weniger Ärzte immer mehr Patienten versorgen (müssen), leidet die Qualität der Behandlung zwangsläufig. Deshalb muss die Therapie für die Ärzte so attraktiv wie möglich gestaltet werden, so dass noch mehr Opiatabhängige von den Fortschritten der Suchtmedizin profitieren können.

Berlin /Frankfurt /München, 24.06.2011

akzept e.V., Prof. Dr. Heino Stöver, Vorsitzender

Deutsche AIDS-Hilfe e.V., Dirk Schäffer, Abteilungsleitung Strukturelle Prävention 2

Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin, PD Dr. Markus Backmund, Vorsitzender

Der Report der Global Commission zum War on Drugs ist erschienen: http://www.globalcommissionondrugs.org/Report

 

Bericht zum Drugchecking Symposium am 6.5.2011 in Berlin - von Heino Stöver

Die Drugchecking-Initiative Berlin-Brandenburg, bestehend im wesentlichen aus Chill out e.V. (Rüdiger Schmolke), Eve&Rave Berlin (Tibor Harrach) und vista gGmbH - Verbund für integrative soziale und therapeutische Arbeit (Silke Buth, Rolf Bergmann), haben ein hochinteressantes Symposium organisiert das hauptsächlich dem Ziel diente, ein Drugchecking-Modellprojekt für Berlin zu diskutieren und Wege der Umsetzung zu finden (siehe:http://www.drugchecking.de). Dafür waren die relevanten Berliner Akteure unter den Teilnehmenden, und dafür hat man die Erkenntnisse der langjährigen Drugchecking-Praxis aus unseren Nachbarländern zusammen getragen.

Dr. Benjamin Hoff, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Gesundheit im Land Berlin, hat in seiner Begrüßung seinen Standpunkt klargemacht, dass er nicht mehr vom Nutzen eines Drugchecking-Projektes überzeugt werden muss. Das Symposium wurde schließlich auch unterstützt und gefördert durch die Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz. Allein - er wollte dieses Modellprojekt mit größerer rechtlicher-politischer Unterstützung auf den Weg bringen und hat dazu konkrete Vorschläge gemacht, wie man ein solches Projekt initiieren könnte.

Dann berichtete Tibor Harrach von dem kurzen Frühling des ersten deutschen Drugchecking-Programms, das 1995/96 von Eve&Rave Berlin in Kooperation mit dem Gerichtsmedizinischen Institut der Charité durchgeführt wurde. Das wurde von den Strafverfolgungsbehörden wegen des Verdachts des unerlaubten Besitzes und Umgangs mit Betäubungsmitteln beendet; allerdings erkannten das Amtsgericht Tiergarten und Landgericht Berlin in der angewendeten Praxis keine Rechtsverstöße. Nur auf Grund mangelnder politischer Unterstützung wurde es nicht fortgesetzt. Ein beeindruckendes Modell bereits zu dieser Zeit.

Prof. Rainer Schmid vom Klinischen Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik, AKH Wien, präsentierte die langjährigen Erfahrungen mit ChEckiT! Hier wurde deutlich, welche wichtige Funktion der Schadensminimierung Drugchecking hat und haben kann. Es ist mehr als nur Substanzprüfung, es ist ein Dialog mit den KonsumentInnen auf anderer Ebene möglich. Es erhöht die Glaubwürdigkeit präventiver Praxis und ist mit den INCB*-Anforderungen kompatibel (*International Narcotics Control Board).

Alexander Bücheli (stellv. Betriebsleiter der Jugendberatung Streetwork, Zürich) stellte die Umsetzung und Effektivität von Drugchecking in Zürich vor - ebenfalls sehr beeindruckend, mit welchem Pragmatismus dieses innovative Projekt bereits seit vielen Jahren betrieben wird.

Tibor Brunt, Drug Information ans Monitoring System, Trimbos Instituut Utrecht, setzte den Reigen fort und machte insbesondere deutlich, dass Drugchecking ein wichtiges Instrument des Drogen-Monitoring ist, das auch für Deutschland wichtige Daten über eine bislang wenig bekannte Gruppe von KonsumentInnen liefern könnte. Jedenfalls arbeiten Drugchecking und das niederländische Gesundheitsministerium eng zusammen - sie können so flexibel auf neue Drogentrends mit präventiven Botschaften reagieren.

Prof. Dr. Cornelius Nestler, der Eve&Rave bereits beim eingestellten ersten Modellprojekt juristisch vertreten hatte, hat in seinem Referat die Weg deutlich gemacht, wie man zu einem Modellprojekt Drugchecking in Berlin kommen kann. Ein sehr bewährter und erprobter Weg aus anderen deutschen Kommunen (z.B. Frankfurter Montagsrunde) wäre die Unterstützung durch einen Generalstaatsanwalt und die Politik. Deshalb wäre dies auch der nächste Schritt unterhalb eines formal-rechtlichen Antrags an die zuständige Bundesbehörde (BfARM). Es gab und gibt eine Reihe von kommunalen Übereinkünfen, die etwa Spritzenvergabe oder Drogenkonsumräume duldeten und unterstützten (z.B. Frankfurt und Hamburg).

In der Diskussion wurde deutlich, dass mit der ständigen Zunahme von neuen psychotrop wirkenden Substanzen (z.B. Blei im Cannabis, neue Amphetamin-Ketten, Entwurmungsmittel statt Kokain, Research Chemicals) die Notwendigkeit größer wird, zu wissen, was auf dem Markt ist, um mit den KonsumentInnen in einen glaubwürdigen Dialog über Präventionsmaßnahmen zu treten. Das wäre ein wichtiges Element der Gesundheitsförderung. Politik folgt der Praxis mit einem Zeitverzug von mehreren Jahren - deshalb ist es so wichtig ein Modellprojekt zu organisieren, das rechtlich wasserdicht und unangreifbar ist.

Eines wurde auch klar: Testergebnisse sind keine Unbedenklichkeitsbescheinigungen, nur in ganz geringem Umfang Qualitäts- und Verbaucherschutz. Sie können aber erste Orientierungen auf ernsthafte Gefahren geben.

Ausgezeichnet moderiert wurde die Veranstaltung von Heike Drees vom Paritätitschen Wohlfahrtsverband Berlin. Das Symposium wurde dokumentiert und ist auf der Website der Drugchecking-Initiative Berlin-Brandenburg (http://www.drugchecking.de) abrufbar.

 

Die 22. Konferenz der International Harm Reduction Association (IHRA) hat vom 3.-8. April in Beirut/Libanon stattgefunden. (http://www.ihra.net).

Etwa 750 TeilnehmerInnen aus aller Welt haben hier harm reduction in Bezug auf illegale wie legale Drogen (v.a. Tabak und Alkohol) diskutiert. Die Konferenz ist seit langem ein sehr erfolgreicher Mix aus politischen, fachlichen und wissenschaftlichen Beiträgen - das macht gerade den Reiz aus: es gibt eine Vielzahl von Anregungen zur Weiterarbeit am Konzept harm reduction, an Informationen über Entkriminalisierungspraxis (Portugal und Tschechien), politischen Forderungen nach Menschenrechten für DrogengebraucherInnen (v.a. Russland), viele Austauschmöglichkeiten für TeilnehmerInnen aus den jeweiligen Arbeitsgebieten. Global organisierte User-Gruppen (INPUD) treffen sich hier, ebenso wie VertreterInnen von Entwicklungshilfe mit einer harm reduction - Orientierung.

Ein globaler Überblick über den Stand von harm reduction zeigt uns, dass wir mit der Umsetzung von Kernelementen von harm reduction selbst gegenüber illegalen Substanzen noch viel zu tun haben: Nur 8 Länder besitzen Drogenkonsumräume, nur 10 Länder haben Spritzenaustauschprogramme, 37 Substitutionsprogramme in Gefängnissen, obwohl die meisten Länder weltweit i.v. Drogenkonsum berichten. http://www.ihra.net/files/2010/05/31/HarmReductionPoliciesandPractiveWorldwide5(2).pdf

Die deutsche Beteiligung war wie immer gering, und das ist schade angesichts der Kooperationsmöglichkeiten! Allein GIZ-Mitarbeiterinnen (Patricia Kramarz, Heike Krumbiegel), DAH (Dirk Schäffer), akzept (Heino Stöver), idh Frankfurt (Gabi Becker) und Fixpunkt Berlin (Astrid Leicht) waren vertreten und haben ihre Arbeit entweder über Poster oder Beiträge vorgestellt.

Eine neue Möglichkeit sich zumindest europäisch zu vernetzen stellt das jüngst gegründete European Harm Reduction Network (www.eurohrn.eu) dar; akzept hat bereits einen Aufruf zur (kostenlosen) Mitgliedschaft und Mitarbeit herumgeschickt, den wir hier noch einmal erneuern wollen. Es lohnt sich international zu arbeiten im Zuge zunehmender Internationalisierung von Drogenpolitik.

Heino Stöver

 

Gedanken über große Zusammenhänge - zum Tod von Günther Amendt

Gesellschaftliche Dimensionen und Dynamiken aufdecken, große Brücken schlagen, ob Sexualaufklärung in düsteren lustfeindlichen Zeiten oder Drogenaufklärung in unserer ansonsten doch so aufgeklärten Welt: das waren große Aufgaben, denen Günther Amendt auf vielfältige Weise seine Lebensarbeit gewidmet hat.

Er war Sozialwissenschaftler, der sich traute die großen gesellschaftlichen Zusammenhänge zu untersuchen und Missstände anzuklagen, seine Finger in die Wunden bigotter bürgerlicher Moral zu legen: Diese Gesellschaft lebt (gut) mit Drogen, sie funktioniert (nur) mit Drogen -, aber sie will sich zu einem ganzen Bündel psychotroper Substanzen nicht anders als mit Kriminalisierung ihrer GebraucherInnen verhalten. Das ist nicht sehr intelligent, erfüllt aber sozialpsychologisch eine bestimmte Funktion. Daraus hat Günther Amendt in unzähligen Interviews, Podiumsdiskussionen- davon auch einige mit akzept - und auch in seinen Publikationen immer wieder hingewiesen: Vor allem die drei Bücher 'Sucht Profit Sucht. Zur politischen Ökonomie des Drogenhandels' sowie 'Die Droge. Der Staat. Der Tod. Auf dem Weg in die Drogengesellschaft' und 'No Drugs. No Future. Drogen im Zeitalter der Globalisierung' sind Bestseller gewesen, die von einer aufklärerischen Wucht der 'Sexfront' waren.

Sein Vermächtnis ist ganz sicher, uns weiter Gedanken über die großen Zusammenhänge zu machen, nicht im Alltagsdrogensumpf zu versinken, sondern die großen Missstände, wie z.B. den Weltdrogenkrieg anzuklagen, der auch in Deutschland und mit deutscher Beteiligung geführt wird. (Heino Stöver)

How many times must a man look up before he can see the sky? How many ears must one man have before he can hear people cry? How many deaths will it take till he knows that too many people have died? The answer, my friend is blowin' in the wind The answer is blowin' in the wind. The answer is blowin' in the wind. (Bob Dylan)

 

Drogenkriminalität: Viel Rauch um wenig

http://www.derwesten.de/nachrichten/im-westen/Viel-Rauch-um-wenig-id4328694.html

Die Gewerkschaft der Polizei in NRW kritisiert den Aufwand bei der Verfolgung von vor allem Kleinkonsumenten weicher Drogen: "...nicht die Dealer und Hintermänner des milliardenschweren Drogenkartells gehen ins Netz ....sondern die Beamten vor Ort müssten selbst geringste Mengen von Cannabis zur Anzeige bringen, während die Staatsanwälte diese Verfahren anschliessend 'reihenweise' einstellten." Die GdP NRW fordert daher auch für Polizeibeamte die Möglichkeit, Verfahren bei kleinen Eigenbedarfsmengen einzustellen.

 

Die Präsentationen der 13. ÜberLebens-Tagung in Nürnberg finden Sie unter:
http://www.iska-nuernberg.de/ueberleben unter dem Navigationspunkt 'Präsentationen'

'Drogenfreier Knast ist eine Illusion'
http://www.nordbayern.de/nuernberger-nachrichten/nuernberg/jva-leiterin-drogenfreier-knast-ist-eine-illusion-1.1013404
Krank im Knast- zur medizinischen Versorgung Strafgefangener: http://www.podcast.de/episode/1912720/Krank_im_Knast_-_%C3%BCber_die_medizinische_Versorgung_Strafgefangener_-_22.11.2010
Die Präsentationen des DBDD-Fachtages Drogen und Haft : http://www.dbdd.de/content/view/102/26/

Warnung für Substitutionspatienten

Das den Generika von Subutex (R) beigemengte Talkum kann bei nicht-oraler Einnahme des Substitutes zu irrevasiblen Schäden führen. Die DGS, akzept und JES stellen daher Merkblätter bereit, die möglichst breit verteilt werden sollten.
Siehe dazu auch www.dgsuchtmedizin.de.
Für Substitutonspatienten: Subutex_GenerikumHGihoe.pdf
für die Szene: SubutexGEnerikumDSCH.pdf

Legalize it? «Ich habe keine Angst vor den Drogen»
Von news.de-Redakteurin Isabelle Wiedemeier
http://www.news.de/gesellschaft/855083343/ich-habe-keine-angst-vor-den-drogen/1

Es geht nicht ums grenzenlose Kiffen. Es geht darum, dass der Drogenkrieg Zigtausend Menschenleben fordert und das Verbot aus Süchtigen Kriminelle macht. Deshalb fordert Suchtforscher Heino Stöver die Legalisierung von Drogen. Der Schlachtruf geistert seit Jahrzehnten über Festivals und Schulklotüren. Immer noch dudelt dazu Bob Marley, als Bebilderung dient eine überdimensionale Tüte. Aber Literatur-Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa ist keine Kultfigur der 'Legalize it' Bewegung, genauso wenig wie der ehemalige spanische Präsident Felipe Gonzalez oder die Ex-Staatschefs von Brasilien, Kolumbien und Mexiko. Doch sie rufen aktiv dazu auf, Drogen zu legalisieren: http://www.news.de/gesellschaft/855076545/nobelpreistraeger-fordert-legalisierung-aller-drogen/1/

Dabei ist ihre Forderung weit weg vom bekifften Hippe-Idyll, das nach Marihuana für alle giert. Diese Männer kennen den knallharten Kampf mit der Droge aus jahrelanger, hilfloser Erfahrung. Ihre Staatsgewalt hat es nicht geschafft, auch nur ein bischen an der Macht der Kartelle zu kratzen. Sie erleben täglich, dass ein Leben nichts wert ist im Kampf um die Macht in der Drogenwelt. 26.000 Tote allein im mexikanischen Drogenkrieg sind das tragische Zeugnis.

Auch Heino Stöver hat keine Kifferträume. 'Der Weltdrogenkrieg schafft mehr Probleme als er zu lösen imstande ist' sagt der Direktor des Instituts für Suchtforschung in Frankfurt/Main: http://www.fh-frankfurt.de/de/forschung_transfer/institute/isff.html. 'Das lässt sich nicht rechtfertigen mit einem Prohibitionswunsch' findet er. Bei Prohibition denkt man an Al Capone und die Vereinigten Staaten zu Anfang des 20.Jahrhunerts, als Alkohol verboten war. Gebracht hat das damals nichts, und die Verfechter einer Legalisierung von Drogen gehen davon aus, dass auch das Verbot von Cannabis und harten Drogen nichts bringt. Zumindest nichts Positives. Deutschland ist nicht Mexiko, aber die Kriminalisierung ist für Professor Stöver und andere Anhänger der Akzeptanz-Bewegung auch hier kontraproduktiv. 'Keine Facette des Lebens von Konsumenten illegaler Drogen lässt sich sinnvoll diskutieren ohne die Prohibition und Kriminalisierung mitzudenken' betont er. Infektionen, Ausgrenzung, Gewalt, Knast, Tod - ein Großteil des Drecks, der die Drogenabhängigkeit ausmacht, ist nach Meinung der Legalisierungsbefürworter der Kriminalisierung geschuldet.

Eine Vision: Staatlich kontrollierter Heroin-Verkauf. Und nicht nur das. Eine Viertel Million polizeilicher Ermittlungen wegen Drogenkonsums habe es 2006 gegeben, davon seien 170.000 nur auf den Erwerb und Schmuggel geringer Mengen von Eigenbedarf bezogen gewesen, rechnet Stöver vor: 'Mit einem Federstrich würde man den größten Teil zum Stillstand bringen und Justiz und Polizei enorm entlasten', erklärt der Forscher und führt europäische Beispiele an. Portugal und Tschechien, wo seit Jahren großzügige Mengen zum Eigenbedarf freigegeben sind. 'Es sind trotzdem keine Mekkas für den Drogenkauf geworden, es gibt keine Drogentoten mehr zu verzeichnen', sagt er. Für ihn sind Drogenprobleme gesundheitliche Probleme, und er würde sie gern als solche behandeln. Und er würde gern den neuen Umgang mit Alkohol und Nikotin als Vorbild nehmen für den Umgang mit harten Drogen. 'Wir merken gerade, dass die Gesellschaft in der Lage ist, die Gesundheitsrisiken von Drogen zu verstehen und ihnen mit Aufklärung und Erziehung statt Strafrecht zu begegnen', meint er. In seiner Vision ist Heroin in staatlichen Läden zu erwerben, unter strikter Kontrolle, ähnlich wie in Schweden der Alkohol. 'Die Zeit ist reif, um intelligentere Kontrollmodelle zu entwickeln', betont er. Drogenkonsum werde es immer geben, und ob er geringer wird wenn die Prohibition fällt, mag er nicht prognostizieren. Aber Legalisierung bedeute in jedem Fall mehr Kontrolle über Zugägnlichkeit, Qualität und im Jugendschutz.

'Die Effekte der Drogen kriegen wir gut in den Griff'

Derzeit ist Stöver dabei, einen Alternativentwurf zur rigiden Drogenpolitik zu schreiben. Die UN-Konvention gegen Drogenkonsum lasse auch in anderen Unterzeichner-Staaten einen kontrollierten Umgang durchaus zu, sagt er mit Blick auf die Niederlande, Portugal oder die Schweiz. Die Drogen selbst sind für ihn nach so vielen Jahren in Drogenprojekten längst nicht mehr das Problem: 'ich habe keine Angnst mehr vor den Wirkungen und Effekten der Drogen. Die kriegen wir relativ gut in den Griff. Die Stellschraube, an der wir jetzt noch drehen können ist die Kriminalität- und die nimmt seit 1978 ständig zu'.

'Interesse am Status quo'

Dass es keinen Aufschrei in der helferszene und bei anderen beteiligten Akteuren gegen die drogenpolitikbedingten Schäden und für legale Kontrollmodelle gibt, hängt für Heino Stöver mit den vielfältigen Interessen am Status quo zusammen: 'Die Prohibition ist ein riesiger Arbeit- und Geldgeber für die Einrichtungen der Beratung und Behandlung, für Polizei, Justiz oder Gefängnisse'. Bei Einrichtungen, die ihre Klientel von der Justiz überstellt bekommen, schaffe dies Monopolstellungen. Doch auch nach einer Legalisierung werde es eine Nachfrage nach Suchtkrankenbehandlung geben, nur eben mit sehr viel mehr Konkurrenz, sagt der Suchtforscher.

Warum Deutschland nicht offensiv in der Suche nach anderen Drogenkontrollmodellen vorangeht? Man versuche, international nicht aufzufallen, ordnet Stöver die Drogenpolitik ein. Grundsätzlich schätzt er die Offenheit der Regierung für eine fortschrittliche Drogenhilfepolitik, was sich z.B. in Drogenkonsumräumen und Heroinvergabe zeigt - auf die negativen Konsequenzen der Prohibition aber gehe man kaum ein 'waswir mit der Hilfe vorne aufbauen wird hinten wieder umgerissen, wenn die Leute in die Haft einfahren' erklärt er. 20.000 Drogenabhängige seien derzeit in Deutschland im Gefängnis.

Zu Drogenkontrollmodellen siehe auch: http://www.akzept.info/pro_kongress.html

 

Auszeichnung für Heidrun Behle

Am 3. Oktober 2010 wurde Heidrun Behle für ihre bewundernswerte Arbeit für die Eltern und ihre drogenabhängigen Kinder vom Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal geehrt mit dem 'Wuppertaler 2010'. Heidrun Behle ist Vorstandsmitglied der Eltern und Angehörigen für akzeptanzorientierte Drogenpolitik und Sprecherin der Elternini Wuppertal. Sie setzt sich intensiv für eine akzeptanzorientierte Drogenpolitik ein. akzept gratuliert herzlich!

 

Welt-Hepatitis-Tag am 19.Mai 2010

Nationale/bundesweite Hepatitisstrategie längst überfällig

Das AKTIONSBÜNDNIS HEPATITIS UND DROGENGEBRAUCH fordert die Bundesregierung zum Handeln auf.

In Deutschland sind ca. 1.Mio Menschen von Hepatitis B und C betroffen. Da viele Menschen keine Kenntnis von ihrer Infektion haben wird die Dunkelziffer wesentlich höher eingeschätzt. Hepatitis B und C werden als stille Epidemien bezeichnet, da sie vielfach symptomlos verlaufen und Betroffene erst in einem späteren Stadium von ihrer Infektion erfahren. DrogenkonsumentInnen sind eine der Hauptbetroffenengruppe von Hepatitis B und C Infektionen. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass bis zu 80% der intravenös Drogen konsumierenden Menschen von Hepatitis C Infektionen betroffen sind.

'Das Bewusstsein für diese lebensbedrohliche, aber oft heilbare Hepatitis C Infektion muss sowohl bei polititsch Verantwortlichen, in Teilen der Drogenhilfe als auch bei Ärzten deutlich erhöht werden' erläutert Prof.Heino Stöver vom Aktionsbündnis. Die Erfolgsraten der Interferonbehandlung bei Substituierten sind mit ca. 65% ebenso hoch wie bei Nicht- Opiatabhängigen. Dennoch ist die Quote der Interferonbehandlungen bei chronisch HCV infizierten DrogengebraucherInnen mit etwa 10% deutlich zu gering.

Das Aktionsbündnis fordert ferner ein verstärktes Engagement in der Prävention von Hepatitis A und B Infektionen. Durch praxisnahe Impfkampagnen können Hepatitis A und B Infektionen verhindert werden.

Anders als viele unserer europäischen Nachbarn verfügt Deutschland über kein nationales Strategiepapier oder einen Aktionsplan zum Thema Hepatitis. Die ERfahrungen beim Thema HIV/AIDS zeigen, dass über einen Aktionsplan und die Einbeziehung von Fachleuten aus Medizin, Wissenschaft, Praxis und von Betroffenen Erfolge in der Prävention und Behandlung von Infektionserkrankungen zu erzielen sind.

Anlässlich des Welt- Hepatitis- Tages fordert das AKTIONSBÜNDNIS HEPATITIS UND DROGENGEBRAUCH die Bundesregierung auf bundesweite zielgruppenspezifische Kampagnen zu initiieren um über die Übertragungswege aufzuklären und die Impfquote bei riskierten Gruppen zu erhöhen, erläutert Dirk Schäffer von der Deutschen AIDS-Hilfe.

Mit der Einsetzung einer Expertenkommission zur 'Entwicklung einer nationalen HCV-Stratgie' würde die Bundesregierung am WElt-Hepatitis-Tag ein wichtiges Signal setzen. 'Denn Hepatitis C ist in den meisten Fällen heilbar', so Prof. Heino Stöver.

Für das AKTIONSBÜNDNIS HEPATITIS UND DROGENGEBRAUCH

Prof.Dr. Heino Stöver, akzept e.V., Dirk Schäffer, Deutsche AIDS-Hilfe e.V.

 

Weiterentwicklung der Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger

Akzept e.V. begrüßt die Fortschritte in den überarbeiteten Richtlinien der Bundesärztekammer zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger und sieht jahrelange Bemühungen bestätigt!

Die Bundesärztekammer (BÄK) hat mit der Novellierung der Richtlinien zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger einen wichtigen Schritt zur Weiterentwicklung der Substitutionsbehandlung getan1. Ein zentraler Fortschritt in diesen Richtlinien ist die Umdefinition der Zielsetzung: Es geht nicht pauschal um Abstinenz als Ziel der Behandlung, sondern die Behandlungsziele sind jeweils am Einzelfall und an der gegenwärtigen Situation des Patienten auszurichten. Hierin spiegeln sich einerseits wissenschaftliche Evidenz wieder, aber auch praktische Erfahrungen: nur mit einer auf den Patienten ausgerichteten individualisierten und an den jeweiligen Ressourcen ausgerichteten Therapie kann die schwere Erkrankung Opiatabhängigkeit stabilisiert bzw. überwunden werden. Die Abstinenzorientierung stellte lediglich einen zusätzlichen Druck dar, der das Arzt-Patient-Verhältnis gestört hat, und aufgrund unrealistischer Vorgaben und Erwartungen eher zu Therapieabbrüchen, denn zu Therapieerfolgen geführt hat. "Die Bedeutung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger als wissenschaftlich evaluierte und praxiserprobte Therapieform der manifesten Opiatabhängigkeit ist mit diesen Richtlinien gewürdigt worden“, meint Inge Hönekopp, Mitglied der Expertenkommission zur Erarbeitung dieser BÄK-Richtlinien.

Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Kontinuität der Behandlung durch andere Institutionen. Wenn ein Patient beispielsweise inhaftiert wird, ins Krankenhaus eingeliefert wird oder eine Rehabilitationsmaßnahme aufnimmt, ist die Behandlung fortzusetzen. Die akzept-Studie IMPROVE2 hat gerade festgestellt, dass bei dem Eintritt ins Gefängnis 70% der Substitutionsbehandlungen abgebrochen werden. Auch werden in der Haft nur 3% der infrage kommenden gefangenen Patienten mit Opiaten behandelt, während in Freiheit mehr als 30% der Opiatabhängigen behandelt werden. Außerdem führt der Zwangsentzug bei Hafteintritt zu erneutem illegalen Drogenkonsum in Haft und hohem Sterberisiko nach Entlassung.

Die Unterstützung der psycho-sozialen Professionen ist in ihrer Bedeutung für einen Behandlungserfolg eindeutig bestätigt worden. Es sind ja am Ende Sozialarbeiter und Pädagogen, die für eine Verbesserung der Wohn-, Arbeits- Schuldensituation und damit für eine höhere Wahrscheinlichkeit einer Wirksamkeit der Behandlung verantwortlich sind. Erfreulich aber auch, dass eine Substitutionsbehandlung nicht erst begonnen werden darf, wenn die psychosoziale Betreuung gesichert ist. Dies war der Hemmschuh zur Ausdehnung dieser Behandlung in den vergangenen Jahren. Damit kann die noch immer vorherrschende Lücke zwischen Therapienachfrage und Therapieangebot weiter geschlossen werden.

Der Begriff „Beikonsum“ wird nicht mehr verwendet. Rückfall ist der Normalfall dieser schweren Erkrankung und muss individuell im Arzt-Patient-Verhältnis beantwortet werden. „Beikonsum“ kann und darf nicht pauschal als Ausschlussgrund betrachtet werden, sondern als Aufforderung die Therapie auf die Lebenssituation des/der Betroffenen abzustimmen.

Wie die o.g. IMPROVE-Studie festgestellt hat, existiert in Deutschland ein erhebliches Nord-Süd-, bzw. West-Ost-Gefälle in der Versorgung Suchtkranker. Vor allem auf dem Lande ist die Versorgung völlig unzureichend. Dies hat mit der schlechten Hausarztversorgung, aber auch mit großen Rechtsunsicherheiten vieler Ärzte zu tun. Die Richtlinien sehen nun vor, dass zum Zwecke der Qualitätssicherung und zur konsiliarischen Beratung substituierender Ärzte bei den zuständigen Landesärztekammern Beratungskommissionen eingerichtet werden (mit in der Sucht- und Substitutionsbehandlung erfahrenen Ärzten). Mit diesem Instrument könnten beginnende, oder unsichere Ärzte Unterstützung in der sehr bürokratischen Behandlung erfahren.

Zudem gibt es eine Handhabe die Qualität der „privaten“ Substitutionen zu sichern.

Die jüngst veröffentlichen Zahlen des BfARM3 zeigen für 2009 erneut eine Steigerung der Patientenzahlen (auf nunmehr 74.600) und eine Stagnation der Zahl substituierender Ärzte (bei ca. 2.700), womit die Schere in der Arzt-Patient-Relation weiter auseinandergeht. Ob die Richtlinien dazu beitragen, dass die Substitutionsbehandlung für Ärzte attraktiver wird und neue Ärzte für diese Behandlung gewonnen werden können, hängt nicht zuletzt auch von der weiteren Umsetzung dieser neuen Richtlinien ab.

Einen Wermutstropfen stellt der Satz dar: 'die Mitgabe aus der Praxis heraus ist strafbar'. Das spiegelt sicher nicht den wissenschaftlichen Kenntnisstand wieder. Erst vor einem Jahr wollte der Verordnungsgeber die Mitgabe aus der Praxis heraus legalisieren, ist dann von den Länderrepräsentanten gestoppt worden. (Entwurf 22.BtMÄndVV). Dies zeigt, dass keine Gefahr für die Sicherheit des Betäubungsmittelverkehrs gesehen wird und die Vereinfachung der Abgabe insbesondere an Wochenenden bereits vorgedacht, und dann leider nicht umgesetzt wurde. Dies wäre ein erheblicher Schritt in Richtung Entbürokratisierung gewesen!

Aber: Nach der Novellierung ist vor der Novellierung!

Prof.Dr. Heino Stöver, Für den Vorstand

Akzept e.V. Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik

  1. http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=3.71.7962.8072.8073
  2. www.akzept.info
  3. http://www.bfarm.de/cln_012/nn_424416/SharedDocs/Publikationen/DE/
    Bundesopiumstelle/BtM/substit-reg/Subst__Bericht__2010,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/
    Subst_Bericht_2010.pdf

IMPROVE - eine Befragung unter Drogenkonsumenten, Patienten und Ärzten

Im Zuge seiner Bemühungen um Weiterentwicklung der Substitutionsbehandlung hat akzept eine Befragung von Patienten und Ärzten durchgeführt mit dem Ziel, Ansätze zur Verbesserung der erfolgreichen Therapieform Substitution zu identifizieren und Hindernisse zu benennen. Die Ergebnisse finden Sie hier:

Pm IMPROVE akzeot 26.01.10.pdf
IMPROVE akzept Kurzfinal pdf
Vortrag IMPROVE akzept 01.2010 pdf
Kontrollierte Diamorphinabgabe legalisiert

In namentlicher Abstimmung verabschiedete der Deutsche Bundestag in seiner 224. Sitzung im Zeitraum von 17.43 bis 17.46 Uhr am 28.05.2009 den Gesetztentwurf der Abgeordneten Dr. Carola Reimann, Detlef Parr, Frank Spieth und weiterer Abgeodneter. Von 550 abgegebenen Stimmen waren 349 Ja- und 198 Nein-Stimmen, 3 Enthaltungen. Nach jahrelangem zähem Ringen und intensivsten Bemühungen der Befürworter einer diamorphingestütztn Substitutionsbehandlung genügten nun drei Minuten für die Entscheidung. Im aktuellen Rundbrif der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin wird auf ein Spiegel-Interview mit dem damaligen Ersten Bürgemeister der Stadt Hamburg, Henning Voscheau, vom 17.07.1989 verwiesen:

http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=13507075&top=SPIEGEL

Zur Historie des Modellprojektes siehe auch: http://www.heroinstudie.de/chrono.html

Presseerklärung zum UN-Drogengipfel Wien 11-13-März 2009

Höchste Zeit: - Die Drogenpolitik muss weltweit neue Wege gehen!

Im Jahr 1998 beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen eine 10-Jahres-Strategie zur globalen Drogenpolitik. Bis zum Jahr 2008 wollte man den weltweiten Drogenhandel zum Erliegen bringen, den Drogenanbau unterbinden und eine drastische Reduzierung der Nachfrage erreichen:“A Drug Free World—We can Do it!” .
Die Bilanz dieser Strategie (‚War on Drugs’) wurde auf der 51sten Sitzung der Betäubungsmittelkommission der UN am 10.März 2008 in Wien vorgelegt: Schon nach einem im Dezember 2007 veröffentlichten Zwischenbericht fällt diese Bilanz eindeutig negativ aus. Die 1998 gesetzten Ziele wurden nicht annähernd erreicht - ganz im Gegenteil:

die weltweite illegale Mohnproduktion hat im Jahr 2007 den Umfang von 8.800 Tonnen erreicht, das ist doppelt soviel wie im Jahr 1998.

Es wurden im Jahr 2005 ungefähr 42.000 Tonnen Cannabis Pflanzen produziert, das ist ein Anstieg von 40% gegenüber 1998.

die weltweite Kokain-Produktion betrug 2006 984 Tonnen, das sind 19% mehr als im Jahr 1998.

die weltweite Nachfrage nach illegalen Drogen stagnierte bei Coca- und Opium- Derivaten;stieg jedoch bei Cannabis und Amphetaminen an.

Von den im Jahre 2007 ca. 250.000 polizeilich erfaßten Drogendelikten in Deutschland entfielen über 170.000 allein auf sogenannte Mengen zum Eigenbedarf (und hier im wesentlichen auf Cannabis und seine Zubereitungen: 102.000 Fälle). Die polizeiliche Verfolgung dieser „Konsumentendelikte“ ist nicht nur teuer, aufwändig, ineffektiv, stigmatisierend, sondern bringt erhebliche soziale und rechtliche Probleme für die Betroffenen, ihre Partner und Familien mit sich.

Seit Beginn der Erhebung der Zahl der sog. Drogentoten (1973) wurden der Polizei bis Ende 2008 bereits mindestens 38.000 Drogentote bekannt. Drogentod ist oftmals eine Folge unkalkulierbarer Schwarzmarkt - Dosierungen, Heimlichkeit des Konsums, und mangelnder Hilfeleistung.

Die Prohibition mit Mitteln der Strafverfolgung des Anbaus, Besitzes und Konsums von Drogen hat weltweit die Probleme vergrössert statt gelöst. Während Anbau und Konsum mit Mitteln der Strafverfolgung geahndet werden und so unzählige Menschen vor allem am unteren Rand der Gesellschaft kriminalisiert sind, wächst der weltweite Drogenhandel ständig. Nach Schätzungen der UN werden jährlich 400 bis 500 Milliarden Umsatz im Geschäft mit Drogen getätigt. Da die Produktionskosten nur ca 1% des Strassenhandelspreises betragen, sind die Profitraten der Drogenindustrie enorm. Die Gewinne krimineller Organisationen im Drogenhandel übersteigen das Bruttoszialprodukt vieler Staaten.

Weltweit werden von Regierungsseiten annähernd 40 Milliarden Euro pro Jahr für eine ineffektive, kontraproduktive Drogenpolitik ausgegeben. Wäre Drogenprohibition ein privates Unternehmen, es wäre seit langem bankrott!
Ein Umdenken bei den globalen Strategien zur Drogenpolitik ist dringend nötig.

Wenn das zuständige International Narcotics Control Board (INCB) nach einem ‚Jahr der Reflektion’ vom 11.-13.März 2009 in Wien eine neue 10-Jahrestrategie formuliert, müssen die derzeitigen Erkenntnisse berücksichtigt und der einseitigen Kriminalisierung von Kleinbauern und Konsumenten ein Ende gesetzt werden.

Dies muss auch im Rahmen der UN Drogenkonventionen realisierbar sein. Ein Immer-Mehr-Desselben schadet dem Ansehen der UN-Einrichtungen und der nationalen Drogenpolitiken insofern, als unrealistische, weltfremde Pläne proklamiert werden, die eher politischen Symbolcharakter, aber keine Realisierungschance besitzen. Ein ungeschönter Blick auf die Realitäten ist gefordert und der Wille, die UN Menschenrechts-Konventionen auch in der Drogenpolitik umzusetzen.

akzept fordert Strategieentwicklungen in der Drogenpolitik jenseits der Orientierung auf Repression, Drogenpolitiken, die den betroffenen Menschen helfen, Risiken zu vermeiden und Abhängigkeiten zu überwinden. Dies bedeutet die Anerkennung eines gesundheitspolitischen Primats in der Drogenpolitik. Letztlich geht das einerseits nur über eine kontrollierte Legalisierung von Anbau und andererseits medizinischem und privatem Gebrauch von Substanzen, die seit Jahrtausenden zu Entspannungs-/Genusszwecken genutzt wurden. Drogenpolitik der Anarchie krimineller und offenbar prosperierender Drogenkartelle zu überlassen, bedeutet jedenfalls eine drogenpolitische Bankrotterklärung. Wir können uns eine nicht nur wirkungslose sondern auch noch kontraproduktive Drogenpolitik nicht mehr leisten.

Die Forderung nach einem Umdenken in der Drogenpolitik angesichts des Versagens der bisherigen Strategien wird europa- und weltweit immer lauter. Hier einige Stimmen ( zum Weiterlesen siehe URL-Angaben):
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing, sagte anlässlich der Drogenkonferenz von Cariats International u.a.: "....Das Drogenproblem mit all seinen Nebenerscheinungen --Kriminalität und Infektionskrankheiten -- ist weltweit ungelöst.’

  • Caritas International:

Eine Kehrtwende in der Drogenpolitik fordert Caritas international. Das Hilfswerk der deutschen Caritas hält die herrschende repressive Politik angesichts weltweit steigender Konsumentenzahlen einerseits und wachsender Anbauflächen andererseits für gescheitert. "Die Kriminalisierung von Konsumenten und Kleinbauern war offensichtlich kontraproduktiv. Es fehlen alternative Angebote für Abhängige und Kleinproduzenten", heißt es im heute veröffentlichten Abschlussdokument der von Caritas international organisierten Konferenz "Drogenkonsum: Neue Antworten, Neue Politik", an der über 120 Experten aus 26 Staaten in Berlin teilnahmen, darunter hochrangige Regierungsvertreter aus Afghanistan, Brasilien, Bolivien, Kolumbien und Tunesien sowie die Drogenbeauftragte der Bundesregierung.
http://www.caritas-international.de/kampagnen/caritas_drogenkonferenz/55443.html

  • ENCOD (European Coalition for Just and Effective Drug Policies)

eine NGO die sich wesentlich als europaweite Interessenvertretung der kriminalisierten Konsumenten und Produzenten versteht aber auch mit Forschung und harm reduction vernetzt ist, arbeitet auf europäischer Ebene (Lobbyarbeit im EU Parlament, politische Aktionen, Unterstützung und Propagierung von Modellprojekten legalen Anbaus) an der Entkriminalisierung von Cannabis und unterstützt international u.a. die Bestrebungen der kolumbianischen Regierung, COCA-Blätter aus Liste 1 der kontrollierten Substanzen zu nehmen (1961 Single Convention).und die legale kontrollierte Nutzung und Vermarktung von traditionellen Produkten aus Coca zu erreichen. www.encod.org

  • Lateinamerika: The War on Drugs is a Failure! It’s high time to replace an ineffective strategy with more humane and efficient drug policies. We should focus instead on reducing harm to users and on tackling organized crime.’
    In einem Leserbrief im Wall Street Journal vom 23.Februar 2009 fordern die Verfasser einen Paradigmenwechsel in der weltweiten Drogenpolitk.
    Fernando Henrique Cardoso (ehemaliger Präsident von Brasilien), CeSar Gaviria ( ehemaliger Präsident Kolumbiens) and Ernesto Zedillo (ehemaliger Präsident Mexikos), Gründungsmitglieder der Latin American Commission on Drugs and Democracy ( weitere Mitglieder sind u.a. auch Mario Vargas Llosa und Paulo Coelho). http://drugsanddemocracy.org/
  • Sogar aus den USA kommen erste Signale des Umdenkens:

Unlängst erklärte ein US-Vertreter im Wiener Hauptquartier des UNODC (UN Office of Drug and Crime), dass seine Regierung Harm Reduction, Nadeltauschprogramme und Substitutionsbehandlungen unterstütze.
Diese kurzen Ausschnitte verdeutlichen, dass die Notwendigkeit einer neuen Drogenpolitk weltweit erkannt ist und gefordert wird.Die Regierungen und zuständigen Gremien täten gut daran, den Dialog aufzunehmen.....

Weitere websites:
International Harm Reduction Association : http://www.ihra.net/HR2Reports
Jahresbericht 2008 des INCB veröffentlicht am 19.02.2009:
http://www.unric.org/html/german/drogen/incb/2009/INCB_Report_2008_English.pdf
International Drug Policy Consortium: http://www.idpc

10.03.2009
akzept e.V., Prof.Dr. Heino Stöver , Vors

Caritas Drogen-Konferenz Ende Januar in Berlin: 'Drogenkonsum: Neue Antworten, Neue Politik'

Auf dieser internationalen Konferenz postulierten namhafte Experten eine Abkehr von der bisherigen (erfolglosen) repressiven Drogenpolitik weltweit. Statt dessen sollte eine neue Politik anerkennen, dass Drogen ein Teil der gesellschaftlichen Realität sind. Sprecher auf der Konferenz waren:

Sabine Bätzing: Drogenbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Prälat Dr. Peter Neher: Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Carlos Ignacio Cuervo Valencia: Vize-Gesundheitsminister Kolumbien, Dr. Wardack: Abteilungsleiter Drogennachfragereduzierung im Gesundheitsministerium von Afghanistan, Madame Souad Maamer epouse Berriri: Generalstaatsanwältin Tunesien

Als Forderungen für eine neue Ausrichtung der internationalen Drogenpolitik wurden u.a. genannt:
Anerkennung und volle Respektierung der Menschnrechte von Konsumenten

Entkriminalisierung der Konsumenten

Entkriminalisierung der Kleinproduzenten/Kleinbauern

Ausweitung und Finanzierung der Hilfsangebote für Abhängige

Anerkennung der Wechselbeziehung zwischen Drogen und Armut

Beteiligung der zivilgesellschaftlichen Organisationen in der Bestimmung der Drogenpolitik

Die Beiträge sind von der website www.caritas-international.de abzurufen oder direkt von http://www.caritas-international.de

Drogenpolitik im Europawahlprogramm der Grünen

Im Programmteil Drogenpolitik fordern die Grünen die Einleitung einer rationalen Drogenpolitik in der EU. Es sollen Konsequenzen aus der Erkenntnis gezogen werden, dass Prohibition den Drogenkonsum nicht unterbinden kann. Für Cannabis und andere Substanzen mit 'vergleichsweise geringem Risiko' sollten kontrollierte legale Abgabemöglichkeiten geschaffen werden. Fortschrittliche Ansätze in einzelnen EU Staaten wie drug checking und die Verwendung von Cannabis als Medizin sollten in allen EU Staaten ermöglicht werden.

Einem entsprechenden Antrag zur Entkriminalisierung von Cannabis im Deutschen Bundestag hat Maria Eichhorn (CSU) mit dem ('wissenschaftlich belegten') Argument der 'Einstiegsdroge' scharf widersprochen:
http://www.presseportal.de/pm/7846 Pressemappe via RSS

Presseerklärung

Anlässlich der Debatte zur Heroinsubstitution am 08.05.2008 im Bundestag veröffentlichte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Hartmut Koschyk MdB, eine Erklärung der Drogenbeauftragten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Maria Eichhorn MdB, deren Umgang mit Fakten nicht unwidersprochen bleiben darf.

Frau Eichhorn sagt: ‚Jeder der Hilfe braucht, erhält sie’

Nach Frau Eichhorn sind die Ergebnisse des Modellprojektes zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger nicht überzeugend und lassen keinen sicheren Schluss auf die Überlegenheit der Heroinbehandlung gegenüber der Methadonbehandlung zu. Zudem spiele die Ausstiegsorientierung keine Rolle.

Frau Eichhorn ignoriert, dass die wissenschaftliche Qualität der Studie und ihrer Ergebnisse international bestätigt ist; sie übergeht die Zahlen, die von einer breiten Fachöffentlichkeit und der Mehrheit der politisch damit befassten als eindeutig positiv gewertet werden, z.B.:

  • 12,6 Prozent der Patienten, die ihre Behandlung regulär beendeten, begannen entweder mit einer Abstinenztherapie oder schafften es ohne weitere Hilfe, abstinent zu leben.
  • der Anteil der arbeitsfähigen Patienten, die Arbeit fanden, stieg von 29 Prozent auf 68 Prozent.
  • Die Verwicklung in illegale Geschäfte sank von über 67 Prozent zu Beginn der Studie auf 7 Prozent.

Richtig ist, dass die Behandlung Abhängiger mit Methadon für viele Betroffene zu einer Stabilisierung und zur Rückkehr in einen normalen Alltag führt. Ebenso richtig ist, dass die Behandlung mit Methadon Grenzen hat und längst nicht für alle in Frage kommenden Patienten wirksam und hilfreich ist.

Frau Eichhorn übergeht ferner, dass mit der Heroinbehandlung schwerstabhängige Patienten erreicht werden sollen und können, die bereits erfolglos andere Therapien inklusive der Methadonbehandlung durchlaufen haben oder die für die Methadonbehandlung nicht erreichbar sind.

Es geht nicht um die Überlegenheit der Behandlung mit Diamorphin, sondern um ein dringend benötigtes weiteres medikamentöses Angebot für Schwerstbetroffene, für die es keine andere wirksame Überlebenshilfe gibt.

Frau Eichhorn empfielt: Im Hinblick auf Kosten und Nutzen sollten deshalb zunächst alle Möglichkeiten einer verbesserten Methadonbehandlung ausgeschöpft werden.

Es sollte selbstverständlich sein, dass an jeder Behandlungsform die möglichen Verbesserungen vorgenommen werden - gerade akzept e.V. bemüht sich aktuell um praxisgerechte Verbesserungen der Substitutionsbehandlung.
Dies kann aber doch nicht bedeuten, dass erwiesen sinnvolle weitere suchtmedizinische Behandlungsformen deswegen unterlassen werden. Das eine (wirksame) tun, ohne das andere (wirksame) zu lassen, ist die Devise erfolgreicher Suchtpolitik!

Frau Eichhorn sagt:
In Zeiten knapper Kassen können wir unseren Mitbürgern nicht zumuten, die Kosten für ein Behandlungssystem aufzubringen, dessen Nutzen nicht erwiesen und dessen Behandlungsdauer völlig offen ist.
Sie nennt eine Zahl von bis zu 80.000 Abhängigen, die Anspruch auf Behandlung mit Diamorphin haben könnten. (Diese Zahl wird von Vertretern der Krankenkassen (hochgerechnet).
Hier hat sie wohl die Aussagen der Sachverständigen in der Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Gesundheit am 19.09.2007 nicht registriert:

Prof. Dr. Haasen (ZIS Hamburg) sah ebenso wie Dr. Behrendt (DGS) und Dr. Rheinberger (KBV) sowie die Vertreter der am Modellversuch beteiligten Städte nach den Erfahrungen im eigenen Modellversuch und denen aus den Niederlanden und der Schweiz keine Gefahr für einen Ansturm auf die Behandlung mit Diamorphin;
die Zielgruppe der schwerst - vornehmlich älteren - Opiatabhängigen ist begrenzt und ohnehin schwer erreichbar. Zudem steht vor der Behandlungsaufnahme die ärztliche Indikation

Die Kassen der Mitbürger sind ein beliebtes Argument, wenn sonstige Sachargumente fehlen. Nur: die Kosten der Diamorphinbehandlung müssen gegengerechnet werden mit der Belastung der Bürger durch Beschaffungskriminalität, Krankheit, Therapiekosten, Verelendung und Versorgungsbedarf der Abhängigen.

Mitmenschen, die unter gesellschaftlich anerkannteren chronischen Krankheiten leiden, wird die adäquate medizinische Behandlung auch nicht verweigert mit Hinweis auf die offene Behandlungsdauer und den ungewissen Ausgang der Behandlung.
Frau Eichhorn sagt: Die Weiterbehandlung der Patienten ist auch ohne die von der Opposition geforderte gesetzliche Überführung in die Regelversorgung sichergestellt.

Das ist nicht richtig. Ohne die Förderung des Bundes bzw. die Übernahme der Behandlungskosten durch die Krankenkassen werden die Städte mittelfristig die Kosten dieser Behandlung nicht alleine tragen können und die Projekte nach und nach einstellen. Die ersten Programme laufen Mitte des Jahres aus. Mit der fehlenden Perspektive der Finanzierung über die Krankenkassen, werden die Städte sukzessive aussteigen. Ohne ein Gesetz gibt es für die Städte auch kein Zeichen, keine politische Willenserklärung, dass sich an der jetzigen Situation irgendwann etwas ändert.Der unionsdominierte Bundesrat hat aus den Erfolgen der Diamorphinbehandlung die richtige Schlussfolgerung gezogen und mit der überwältigenden Mehrheit von 13 Ländern einen Gesetzentwurf zur diamorphingestützten Behandlung beschlossen.

Die Sicht Frau Eichhorns auf die Patientengruppe der Schwerst-Drogenabhängigen scheint von von ideologischen Zwängen verstellt, die Würde des Menschen scheint im passenden Fall doch angreifbar zu sein?.

Wie ist die Selbstaussage auf Ihrer website zu verstehen:

‚Die menschliche Würde von Anfang bis zum Ende des Lebens steht für mich im Mittelpunkt und prägt mein politisches Handeln.’

Es kann nicht sein, dass dringend benötigte, wissenschaftlich als erfolgreich bewiesene suchtmedizinische Fortschritte, die von den Bundesländern als förderungswürdig erachtet werden, am Unwillen oder Unverständnis Einzelner oder deren ideologischer Blockaden scheitern.

Berlin, 15.05.2008

akzept e.V. , Christine Kluge Haberkorn, Geschäftsführung, für den Vorstand
Zitate: Protokolle der 62.Sitzung des Ausschuss für Gesundheit und der 160.Sitzung des Deutschen Bundestages

Die Drogenpolitik muss weltweit neue Wege gehen

Im Jahr 1998 beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen eine 10-Jahres-Strategie zur globalen Drogenpolitik. Bis zum Jahr 2008 wollte man den weltweiten Drogenhandel zum Erliegen bringen, den Drogenanbau unterbinden und eine dratische Reduzierung der Nachfrage erreichen.

Die Bilanz dieser Strategie wird auf einem Treffen der Betäubungsmittelkommission der UN am 10.März 2008 in Wien gezogen. Schon nach einem im Dezember 2007 veröffentlichten Zwischenbericht fällt diese Bilanz eindeutig negativ aus. Die 1998 gesetzten Ziele wurden nicht annähernd erreicht, ganz im Gegenteil:

- die weltweite illegale Mohnproduktion hat im Jahr 2007 den Umfang von 8.800 Tonnen erreicht, das ist doppelt soviel wie im Jahr 1998.
- Es wurden im Jahr 2005 ungefähr 42.000 Tonnen Cannabis Pflanzen produziert, das ist ein Anstieg von 40% gegenüber 1998.
- die weltweite Kokain-Produktion betrug 2006 984 Tonnen, das sind 19% mehr als im Jahr 1998.
- die weltweite Nachfrage nach illegalen Drogen stagnierte bei Coca- und Opium- Derivaten; stieg jedoch dagegen bei Cannabis und Amphetaminen an.

Unbestreitbare Tatsache ist, dass die Prohibition mit Mitteln der Strafverfolgung von Drogenanbau und -konsum die Probleme vergrössert hat anstatt sie zu lösen. Während Anbau und Konsum mit Mitteln der Strafverfolgung geahndet werden und so unzählige ´Menschen am unteren Rand der Gesellschaft kriminalisiert sind, wächst der weltweite Drogenhandel ständig. Nach Schätzungen der UN werden jährlich 400 bis 500 Billionen Umsatz im Geschäft mit Drogen getätigt. Da die Produktionskosten nur ca 1% des Strassenhandelspreises betragen, sind die Profitraten der Drogenindustrie enorm. Die Gewinne krimineller Organisationen im Drogenhandel übersteigen das Bruttoszialprodukt vieler Staaten.

Weltweit werden von Regierungsseiten annähernd 40 Billionen Euro pro Jahr für eine ineffektive, kontraproduktive Drogenpolitik ausgegeben. Wäre Drogenprohibition ein privates Unternehmen, es wäre seit langem bankrott!

Ein Umdenken bei den globalen Strategien zur Drogenpolitik ist dringend nötig.

Wenn im Jahr 2009 eine neue 10-Jahrestrategie formuliert wird müssen die derzeitigen Erkenntnisse berücksichtigt und der einseitigen Kriminalisierung von Kleinbauern und nicht prominenten Konsumenten ein Ende gesetzt werden. Dies muss auch im Rahmen der UN Drogenkonventionen realisierbar sein. Ein Immer-Mehr-Desselben schadet dem Ansehen der UN-Einrichtungen und den nationalen Drogenpolitiken insofern, als unrealistische, weltfremde Pläne proklamiert werden, die eher politischen Symbolcharakter, aber keine Realisierungschance besitzen. Ein ungeschönter Blick auf die Realitäten sind gefordert und der Wille, die UN Menschenrechts-Konventionen auch in der Drogenpolitik umzusetzen.

akzept fordert Strategieentwicklungen in der Drogenpolitik jenseits der Orientierung auf Repression,, Drogenpolitiken nämlich die den betroffenen Menschen helfen Risiken zu vermeiden und Abhängigkeiten zu überwinden. Dies bedeutet die Anerkennung eines gesundheitspolitischen Primats in der Drogenpolitik. Letztlich geht das nur über eine kontrollierte Legalisierung von Anbau einerseits und medizinischem und privatem Gebrauch von Substanzen, die seit Jahrtausenden zu Entspannungs-/Genusszwecken genutzt wurden andererseits. Drogenpolitik den kriminellen und offenbar prosperierenden Drogenkartellen zu überlassen, bedeutet jedenfalls eine drogenpolitische Bankrotterklärung. Wir können uns eine nicht nur wirkungslose sondern kontraproduktive Drogenpolitik nicht mehr leisten.

akzept e.V., der Vorstand - Berlin 06.03.2008


Ein Kommentar zum Spiegel 27/04

Zurück zum kalten (Drogen-)Krieg

In seiner Ausgabe 27./28.06.04 widmet sich der Spiegel einem nicht ganz neuen Thema: dem "Cannabiskonsum unter Jugendlichen". Neu für den Spiegel ist allerdings das Niveau des Berichtes "die Seuche Cannabis"- kein Unterschied mehr zur sensationslüsternen Regenbogenpresse.zu erkennen!
Die Berichterstattung geht dabei mit Quellen, Belegen, Zitaten und Zahlen geradezu abenteuerlich um: Es zählt die Sensation, das Drastische, schwarz-weiß Malende, das holzschnittartige, nicht die differenzierte Information! Und diese wäre dringend nötig, um die Panikmache, die Angst, Verunsicherung und Ratlosigkeit im Umgang mit Drogen- und Suchtproblemen wirklich anzugehen! Nichts davon im Spiegel!

Wird die geschilderte Problematik von den Verfassern ernst genommen, ist es u.E. unverantwortlich gegenüber betroffenen Jugendlichen und Angehörigen in dieser entmutigend pessimistischen Weise von Jugendlichen, denen "womöglich nicht mehr zu helfen" ist, die "fast schon ohne Chance im Leben" sind; sie "vegetieren in ihren Zimmern dahin", die süchtigen Cannabiskonsumenten, und da hilft nur noch die geschlossene Abteilung der Psychiatrie" zu sprechen. Da werden Schuldzuweisungen konstruiert gegen Menschen des öffentlichen Lebens, die für eine Abkehr vom Totalverbot des Cannabis eintreten, die von Prävention betriebene allgemeine Verharmlosung.Und natürlich die Eltern und Schulen, die ihre "aus dem Ruder laufenden" Sprößlinge nicht in den Griff bekommen. Das Ganze in einer Menschen verachtenden Sprache ("minderjährige Cannabis-Wracks", die "Heroin spritzende Babynutte", "dahinvegetierende neue Süchtige", die "meist verstockten Cannabis-Raucher" z. B.).

"Unstillbare Gier" nach dem Stoff (gemeint ist Cannabis), der vermeintlich radikale Anstieg von cannabisinduzierten Psychosen unter Jugendlichen, bleibende Gehirnschäden, der Gang in die Schizophrenie, in ein zerstörtes Leben, in die Kriminalität...All' das, was von ca. 20 Jahren über Heroin geschrieben wurde, es wird jetzt vom Spiegel für Cannabis wiederholt.
Die Berichterstattung geht dabei mit Quellen, Belegen, Zitaten und Zahlen geradezu abenteuerlich um: Es zählt die Sensation, das Drastische, schwarz-weiß Malende, das holzschnittartige, nicht die differenzierte Information! Und diese wäre dringend nötig, um die Panikmache, die Angst, Verunsicherung und Ratlosigkeit im Umgang mit Drogen- und Suchtproblemen wirklich anzugehen! Nichts davon im Spiegel!

Wir stellen zu den wesentlichen "Grund-Thesen" des Artikels fest:

1. Legalisierungs- oder Entkriminalisierungs-Befürworter haben niemals behauptet, Kiffen sei "harmlos", wie der Artikel mehrfach unterstellt. Den Anstieg des Suchtmittelkonsums (und darunter auch von Cannabis) in Deutschland und anderen Ländern in Europa mit der "Verharmlosungslegende" erklären zu wollen ist offensichtlich der Versuch, den eigenen Erklärungsnotstand zu kaschieren: Keine einzige (andere) Erklärung taucht in dem Artikel auf, wird auch nur erwogen!
2. Wir sind - und diese Ansicht teilen wir mit der Mehrzahl von kritischen Jugend- und Suchtforschern - der Ansicht, dass gerade das Total-Verbot von Cannabis einen guten Teil der Probleme erst erzeugt, die es zu lösen vorgibt: Realistische und lebensweltorientierte Suchtprävention wird von dem Verbot verhindert und nicht gefördert. Suchtprävention braucht den offenen, angstfreien Dialog: Wie soll dieser entstehen in dem Verfolgungs- und Sündenbock-Klima, das der Spiegel-Artikel mit erzeugt?
Dass andererseits die an der Strafverfolgung orientierte Drogenpolitik unwirksam ist zeigt der Artikel ja ungewollt selbst: Die wachsende Zahl von (jugendlichen) Drogenkonsumenten/-innen in allen europäischen Ländern passiert schließlich trotz der drohenden Strafverfolgung, und die Länder mit vergleichsweise stark repressivem Ansatz in ihrer nationalen Drogenpolitik (wie Schweden) legen erheblich zu, während das Phänomen insbesondere der schwerstkonsumierenden Cannabiskonsumenten/-innen in den Niederlanden und der Schweiz deutlich marginaler ist als in Deutschland.
3. Völlig unbestritten ist, dass abhängige "Hardcore-Kiffer" Hilfe brauchen. Allerdings sind die klassischen psychiatrie-basierten Therapiekonzepte hier zu hinterfragen. Es ist noch viel Anstrengung nötig, adäquate Hilfe- und, wo erforderlich, Therapieformen für diese Zielgruppe(n) zu entwickeln und auszubauen. Dazu braucht es Kompetenz, Zeit und - Mittel. Wo sind diese? Wieso werden die dringenden Bedarfe nach neuen Suchtpräventions- und -hilfemethoden und -strukturen chronisch konterkarriert durch die massiven Mittelkürzungen im psycho-sozialen Bereich?
4. Die altbekannte Mär von der Einstiegsdroge Cannabis taucht in neuem Gewand wieder auf. Auch hier der gleiche Ansatz: Ursache für den Konsum einer Droge ist der Konsum einer anderen...Mit dieser Betrachtungsweise kommt verantwortungsvolle Drogenpolitik und Suchtprävention keinen Schritt weiter. Was bewegt heute Jugendliche? Welche Risiken gehen sie ein? Warum nehmen sie Drogen? Warum haben so wenige Jugendliche eine "Gebrauchskompetenz" im Umgang mit Substanzen? Wie können jugendliche Subkulturen und ihre Rituale erklärt werden, wie kann eine realistische Suchtprävention dort aussehen?
Unstreitig beschreibt der Artikel Trends in diesen Jugendsubkulturen, ohne auch nur sich der Mühe zu unterziehen, diese Entwicklungen zu hinterfragen. Stattdessen wird der längst überholt geglaubte Ansatz: Schuld an den Problemen der Jugendlichen sind die Stoffe, die sie konsumieren! Schuld am zunehmenden Cannabiskonsum ist das Cannabis!

5. In der nicht gerade als linksradikal (oder gar GRÜN!) verschrienen englischen Ärztezeitschrift "The Lancet" werteten jüngst renommierte Forscher 48 Cannabis-bezogenen Studien aus. 16 Studien, die die Wissenschaftler als am deutlichsten "evidence based" einschätzten, kamen zu dem Schluss, dass nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht nachweisbar ist, dass Cannabiskonsum selbst Ursache für die in dem u. a. im Spiegel-Artikel so vielfach und drastisch beschriebenen negativen Erscheinungen ist und nicht nur auf gemeinsame Ursachen zurückzuführen ist. Die Forscher forderten weitere Studien dazu.
Keines der im Artikel zitierten Cannabis-Risiken gilt als "bewiesen", weder die Schizophrenie-These, noch die der genetischen oder cerebralen Schädigungen. Schon gar nicht eignen sich diese Arbeiten und Hinweise zu einer so generalisierten Panik-Mache wie in dem Artikel. Und dass es die Autoren nicht so genau nehmen mit der realistischen Information: Der angebliche Anstieg des THC-Gehalts im marktverfügbaren Cannabis ist in einer europaweiten Studie der EMCDDA untersucht worden. Diese Studie kommt zu dem Schluss: "There is no evidence of a significant increase in potency." Auch hier schimmert der Erklärungsnotstand der Autoren durch: Den betroffenen Jugendlichen geht's schlecht, weil das Cannabis so furchtbar stark geworden ist! Eine Erklärung, die jedem Suchtpräventions-Spezialisten die Haare zu Berge stehen lässt!

Die Lebens- und Gestaltungsräume der Jugendlichen (nicht nur in Deutschland) werden immer kleiner, die Lebenssituation immer problematischer, die Zukunft in einer durch Globalisierung und neoliberalen Verdrängungskampf geprägten Welt immer unsicherer. Die Zerstörung von Lebensperspektiven der jungen Menschen durch unzureichende Schul- und Berufsausbildung, die Angst machende Jugendarbeitslosigkeit, unsichere Arbeitsplätze, auseinanderbrechende Familien: In dieser Welt macht sich Drogenkonsum breit, in Cliquen, Subkulturen, natürlich auch in den Schulen. Es wird geprahlt, experimentiert, Sinn, Identität gesucht, ein Platz: Oft genug finden sie den nur "innen", mit Hilfe von Drogen und Rauscherfahrungen.

Im Fall des Cannabis-Konsum allerdings, von dem die Autoren bestimmte Entwicklungen zu Recht beschreiben: Nur ein kleiner Prozentsatz entwickelt diese Verhaltensweisen, die die Autoren generalisierend "den" Kiffern unterstellen: Warum nicht der Rest? Wieso bleiben diese "gesund"? Finden den Ausstieg (oder besser: Erst gar keinen Einstieg)?

Die deutsche Drogenpolitik versucht, mit Verboten, Strafverfolgung und Kriminalisierung das Problem des Cannabiskonsums anzugehen: Mit wachsender Erfolglosigkeit und rasant abnehmender Glaubwürdigkeit. Das ärmliche Argumentationspotential des Spiegel-Artikels zeigt deutlich, in welchen erheblichen Verstehens- und Erklärungsnotstand die repressive Drogenpolitik und die Verbots-Verschärfer geraten sind!

Umdenken tut Not: Das Cannabisverbot produziert einen großen Teil der Probleme erst, die es zu lösen vorgibt, schafft ein Klima von Heimlichkeit, Tabu, Unwissenheit und Angst.

Erfolgreiche Suchtprävention braucht die Legalisierung von Cannabis!

Der Vorstand
Ingeborg Schlusemann
Rikus Winsenborg
Anabela Dias de Oliveira

 
Pressemitteilung und Leserbrief des Bundesverbandes akzeptierender Eltern zum Spiegeltitel
(pdf)

Leserbrief des Landesverbandes akzeptierender Eltern NRW zum Spiegeltitel

(pdf)
10 Jahre Spritzenvergabe an DrogenkonsumentInnen im Justizvollzug - das Ende für deutsche Projekte
Heino Stöver

Einleitung
In der Schweiz, in Deutschland, Spanien und Moldawien wurden bis heute offiziell in insgesamt 38 Gefängnissen sterile Spritzen an drogenabhängige Gefangene abgegeben. Ausser in den 3 Anstalten in Hamburg und 2 in Niedersachsen blieb die Spritzenabgabe als festes Angebot bestehen. In Berlin (Männerhaftanstalt Lehrter Str.) muß ebenfalls damit gerechnet werden, dass ein Projekt eingestellt wird. Während in Spanien etwa die Zahl der Anstalten in den letzten Jahren rapide zunimmt, in osteuropäischen Gefängnissen mit der Spritzenvergabe begonnen wurde, wurden in Deutschland in nur 15 Monaten 6 der 7 bestehenden Projekte wieder eingestellt. Was waren die Gründe dafür, die diese Maßnahmen rechtfertigen? Im folgenden wird neben einem kurzem Rückblick eine Erklärung versucht.

Was wissen wir über Spritzenvergabeprojekte in Europa?

Wissenschaftliche Untersuchungen fanden in 11 Gefängnissen statt. Spritzenumtauschprojekte lassen sich, das haben die bisherigen Erfahrungen aufgezeigt, ohne große Störungen in den Arbeitsablauf einer Anstalt integrieren (Stöver/Nelles 2003). Spritzenumtauschprojekte berühren die Beziehungen zwischen Vollzugsbediensteten, drogenabhängigen und nicht-drogenabhängigen Gefangenen, indem Drogenkonsum und Infektionsprophylaxe thematisiert werden. Viele PraktikerInnen sprechen von offenerem Umgang mit drogenkonsumbedingten Themen (Rückfall, Ängste, Krankheiten), was neue Ansätze der Hilfen für diese Gefangenen ermöglicht (Integration von safer use-Training, Infektionsprophylaxe etc.). Darüber hinaus haben die unterschiedlichen wissenschaftlichen Evaluationen gezeigt, dass das "needle sharing" stark abnimmt, Abszesse (z.B. JVA für Frauen Vechta) und Überdosierungen (Hindelbank/CH) dramatisch zurückgehen. Die außerhalb von Gefängnissen gemachten Erfahrungen ließen sich somit, nicht unerwartet, auch innerhalb von Gefängnissen bestätigen. Keppler (2001) hat festgesellt, dass diejenigen DrogengebraucherInnen, die kontinuierlich am Spritzenabgabeprojekt teilnehmen, die geringste Wahrscheinlichkeit aufweisen, sich Infektionskrankheiten wie Hepatitiden oder HIV/AIDS zuzuziehen. Diese Gefangenen verhalten sich äußerst präventionsbewusst. Begleitende Präventions- und Informationsangebote für die Bediensteten als auch für die Inhaftierten tragen zur Verankerung und zum Erfolg der Infektionsprophylaxe in den Anstaltsalltag bei. Idealerweise sind solche Angebote auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnitten und lebensweltnah gestaltet. Angebote externer Anbieter erscheinen dabei besonders sinnvoll, da diese glaubwürdiger sind, eindeutigere Botschaften vermitteln und mehr Verständnis für die Zielgruppe aufweisen. Auf diese Weise lassen sich auch Präventions- und Vollzugsaufgaben am einfachsten voneinander trennen. Inwieweit schadensbegrenzende Projekte unter Einbezug der Abgabe von sterilen Spritzen von den Häftlingen akzeptiert werden, hängt wesentlich davon ab, in welchem Maße der Zugang zum Spritzenangebot von ihnen als anonym wahrgenommen wird. Beim Spritzenumtausch Anonymität zu gewährleisten, ist im Gefängnis zwar schwierig, muß aber dennoch als überaus wichtiges Anliegen wahrgenommen werden. Es bedarf klarer Spielregeln im Verlaufe eines Projekts, damit nicht Bedienstete Insassen, die Spritzen beziehen, unmittelbar auf Drogen kontrollieren und Insassen nicht als Reaktion darauf z.B. Automaten beschädigen und Spritzen in der Anstalt verstreuen (so passiert im Gefängnis Vierlande in Hamburg) [28]. Die Bediensteten akzeptieren den Spritzenumtausch umso mehr, je besser ihnen die Projektziele vermittelt werden, je mehr sie in Planungs- und Entscheidungsprozesse sowie in die Projektvorbereitung und Projektdurchführung einbezogen sind. Gelingt es, auch Gefangene in diesen Prozeß einzubeziehen, z.B. Mitwirken von Insassen in einer Projektbegleitgruppe, kann die Akzeptanz potenziert werden. Der gemeinsame Gebrauch von Spritzen hat für drogenabhängige Inhaftierte heute keine rituelle Bedeutung mehr, sondern ist, dort wo Spritzentausch vorkommt, vielmehr die Folge des Mangels an sterilen Spritzen. In allen Haftanstalten, in welchen diese Aspekte detailliert untersucht wurden, erwies sich der Kenntnisstand zur HIV-Infektion als erfreulich gross; über Hepatitis-Infektionen und Hepatitisprophylaxe war der Wissensstand der Inhaftierten (als auch der Bediensteten) äußerst niedrig. Es drängen sich demnach das Bewußtsein sensibilisierende Maßnahmen zur Prophylaxe von Hepatitisinfektionen im Strafvollzug auf, u.z. sowohl Insassen als auch Bedienstete betreffend.

Warum hat die Erfolgsstory "Spritzenabgabe im Justizvollzug" nicht mehr Anhänger gefunden?
Angesichts der großen Verbreitung von Spritzengebrauch und Drogenkonsum in europäischen Gefängnissen ist es aus schadensbegrenzenden Überlegungen in jeder Strafvollzugsanstalt notwendig, Infektionsrisiken und Schutzmöglichkeiten zu thematisieren, was nicht heißt, daß auch in jeder Anstalt unbedingt Spritzen ausgegeben oder Spritzenautomaten aufgestellt werden müssen. Welche infektionsprophylaktischen Maßnahmen im einzelnen zu ergreifen sind oder welche Form der Spritzenabgabe gewählt wird (Handvergabe, Austauschautomat) hängt vom Bedarf, von den Anstaltsstrukturen, den räumlichen Bedingungen der Anstalt und den personellen Kapazitäten sowie von der Drogengebrauchskultur der Gefangenen ab. So ist z.B. der intravenöse Opiatkonsum in Teilen Englands, vor allem aber in den Niederlanden traditionell weitaus weniger verbreitet als etwa das Sniefen oder das Rauchen. Demgemäß muß im Vollzug zuerst einmal Infektionsprophylaxe überhaupt diskutiert werden. Welche Antwort eine Anstalt wählt, hängt von dieser Diskussion und einer Bestandsaufnahme über Drogenkonsum, Risikoverhalten etc. ab. Wird eine Spritzenabgabe umgesetzt, dann müssen hohe Anforderungen an deren reibungslose Verlauf gestellt werden. Zehn Jahre Spritzenabgabe im Strafvollzug - und die Frage bleibt unbeantwortet, wieso trotz der vielfältigen positiven Erfahrungen aus verschiedenen Projekten die Spritzenabgabe in Strafvollzugseinrichtungen noch immer so umstritten ist und Spritzenabgabe bisher nur in vier europäischen Ländern und auch dort nur in vereinzelten Institutionen zur Infektionsprophylaxe und Schadensbegrenzung im Zusammenhang mit dem Konsum von illegalen Drogen eingeführt worden ist? Die Antwort dürfte nicht im rationalen Bereich zu finden sein. Grundsätzliche Erfahrungen und Erkenntnisse über Spritzenabgabe im Gefängnis, die eine flächendeckende Einführung dieser Maßnahmen rechtfertigen ließen, gibt es in der Zwischenzeit zur Genüge. Spritzenabgabe läßt sich nicht erzwingen, das sind Erfahrungen aus der Schweiz, wo trotz einer offiziellen Weisung sich einige Gefängnisse ablehnend gegenüber dieser Maßnahme verhalten. Die Umsetzung in die Praxis muß erst erarbeitet werden: Übergreifende politische Entscheide und Unterstützung der Anstalten in praktischen Einzelfragen (rechtliche, kommunikative und technische Aspekte), sind erforderlich, um der wirksamen Schadensbegrenzung im Strafvollzug zum nötigen Durchbruch zu verhelfen. Wie sehr jedoch allgemeine politische und nicht-gesundheitspolitische Argumente die fachliche Diskussion überlagern, das zeigt das jüngste Beispiel eines politischen Populismus in Hamburg: Die Mitte-Rechts-Koalition vereinbarte in ihrem Koalitionsvertrag vom 19.10.2001: "In den Strafvollzugsanstalten werden zukünftig keine Spritzen mehr ausgegeben. Den Süchtigen werden verstärkt ausstiegsorientierte Hilfen, z. B. verbesserte Therapiemöglichkeiten, angeboten. Dies schließt eine kontrollierte Substitution unter medizinischer Aufsicht ein". Und dies nach durchaus erfolgreichen, mehr als fünfjährigen Bemühungen, wirkungsvolle Modelle der Infektionsprophylaxe zu entwickeln, und dazu ohne zusätzliche Mittel für das neu anvisierte Kontrollkonzept bereitzustellen. Eine ähnliche Entwicklung haben die beiden Spritzenabgabeprojekte in Niedersachsehen genommen. Was die Vorgänger (Weber und Pfeiffer) nicht schafften, ist der neuen CDU-Ministerin ohne weitere Diskussion oder Rücksprachen mit den Anstalten gelungen. Und dies obendrein völlig überraschend: Aus fachlicher Sicht gab es keine Not - die Projekte verliefen störungsfrei. Beide Projekte wurden von der neuen Justizministerin mit Verweisen auf nur noch zwei verbliebene Bundesländer (Berlin und Niedersachsen), rechtlichen Bedenken, needle sharing und Sicherheitsrisiken zum 1.6.2003 eingestellt. Diese Begründung muß als sehr an den Haaren herbeigezogen betrachtet werden - es war eine klassische politische Entscheidung ungetrübt von fachlichen Diskussionen. Gerade die Begründung für die Einstellung der Projekte in Vechta und Lingen Gross-Hesepe hat all diejenigen vor den Kopf geschlagen, die bereits seit Jahren an einer verbesserten Infektionsprophylaxe in Gefängnissen gearbeitet haben: unbewiesene Behauptungen (needle sharing), unbegründete Bedenken (rechtliche Unsicherheit?), methodologisch betrachtet zweifelhafte Vergleiche (zwischen dem Auftreten von Neuinfektionen ganz verschiedener Anstalten). Es ist wie ein Ministerialbeamter sagt: "Die Projekte waren 5 Jahre lang politisch gewollt, zwei Jahre geduldet und werden nun beendet!" Zur Überraschung aller! Das heißt auch eine Lagerhaltung für Gefangene war vorher nicht mehr möglich, weil diese Entwicklung für wirklich niemanden absehbar war. Der Personalrat einer betroffenen Anstalt hat sich zumindest dagegen verwahrt, dass die Bediensteten in der Begründung der Justizministerin missbraucht werden. Ebenso die Gefangenenmitverantwortung. Leserbriefe, Unterschriftenlisten, Proteste von Gefangenen, AIDS-Hilfen und vielen anderen Organisationen können im Moment nur den Skandal deutlich machen. Schock und Hilflosigkeit sind die Reaktionen vieler Menschen angesichts dieser fachfremden politischen Symbolentscheidung. Bei Gesprächen mit Gefangenen wird besonders deutlich, welcher Rückschlag die Einstellung für sie persönlich bedeutet, was es heißt, von einem auf den anderen Tag keinen Zugang mehr zu den gewohnten sterilen Spritzen zu erhalten. Präventionspolitisch ist das eine Katastrophe! Zurück in die Jahre vor 1996: Einschmuggeln und Mehrfachbenutzung von (zusehends stumpfer werdenden) insterilen Spritzen. Der Schwarzmarktpreis, so erste Informationen von Gefangenen liegen bei 10€ oder einer Teilhabe an der Injektion). Ein alternatives Konzept der Infektionsprophylaxe wurde nicht beschlossen, wohl weil beschlossen wurde, dass es keine Drogen mehr im Gefängnis gibt....

Auf der Suche nach Begründungen für die Abschaffung der Spritzenvergabe
Die einzigen bekannten Projekte (6 von 7), die wieder abgeschafft wurden, kommen aus Deutschland. Hier waren sie Spielball übergeordneter politischer Interessen. Nicht die ermutigenden Erkenntnisse der wissenschaftlicher Begleitung, nicht die positiven Erfahrungen aus der Praxis haben hier gewirkt, sondern pure politische Interessen, für die das Gefängnis und gesundheitliche Gefangenenfürsorge ein populäres Terrain der Konstruktion von Strafe, Strafverfolgung und Strafvollzug darstellt. Vor dem Hintergrund einerseits der öffentlichen Sorglosigkeit über die HIV/AIDS-Entwicklung, der Kontrollierbarkeit der Infektion als chronischer Erkrankung und dem zunehmenden Verlust der Präventionswachsamkeit und andererseits dem gewachsenen Bedürfnis nach Strafe und hartem Vollzug der Strafe gibt es immer weniger Spielraum für notwendige Reformen und Anpassungen an die überwältigenden Beweise verbreiteter Infektionen im Gefängnis. Festzuhalten bleibt: Die Spritzenvergabe in den Haftanstalten muß von allen Beteiligten gewollt und akzeptiert werden (eben auch von der Politik). Diese Akzeptanz muß beständig erneuert werden, um eine Nachhaltigkeit solcher innovativen Präventionsmethoden zu erreichen. Erst vor dem Hintergrund dieser fachlichen und politischen Verankerung kann eine Immunisierung gegenüber populistisch motivierten kurzatmigen Strategieveränderungen erreicht werden. Vielleicht ist die Entwicklung in Spanien, wo alle Gefängnisse per Dekret oberster politischer Instanz angewiesen worden sind, drogenabhängigen Gefangenen sterile Spritzen zur Verfügung zu stellen (allerdings vor dem Problemdruck hoher HIV-Infektionen unter drogenabhängigen Gefangenen), geeignet, eine Signalwirkung auch für andere Länder auszulösen. Solche Signale sind außerordentlich wichtig, denn die betreffenden Infektionskrankheiten breiten sich schneller aus, als ihnen heute mit geeigneten Maßnahmen begegnet wird.
Vielleicht ermöglicht die föderale Struktur des Justizvollzuges einerseits zwar mehr Offenheit und Beweglichkeit gegenüber innovativen Maßnahmen, andererseits aber auch größere Anfälligkeit gegenüber politischen/populistischen Übergriffen.
Pressemitteilung Niedersachsen 28.5.03

Spritzentauschprogramm im niedersächsischen Justizvollzug wird eingestellt Die Vergabe von sterilen Spritzen an drogenabhängige Gefangene in den niedersächsischen Justizvollzugsanstalten Vechta (Frauen) und Lingen (Abteilung Groß-Hesepe) wird zum 1. Juni beendet. Dies kündigte Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann am heutigen Mittwoch an und zog damit die Konsequenzen aus dem Ergebnis einer von Berlin initiierten Länderumfrage, der zufolge Niedersachsen inzwischen neben Berlin das einzige Bundesland ist, in dem Gefangenen Spritzen zur Verfügung gestellt werden. Alle übrigen Länder haben sich entschieden gegen Spritzentauschprogramme im Justizvollzug ausgesprochen und dabei neben rechtlichen Bedenken auf Gefahren durch das "needle sharing" (verbotswidriges Weiterreichen gebrauchter Spritzen) und Sicherheitsrisiken hingewiesen.
Mit der Spritzenvergabe in Vechta und Groß-Hesepe war 1996 im Rahmen eines Modellprojekts begonnen worden, weil sich Vollzugs- und Gesundheitspraktiker davon eine Eindämmung des mit intravenösem Drogenkonsum verbundenen Risikos von Hepatitis- und HIV-Infektionen erhofft hatten. Diese Hoffnung hat sich nach den Ergebnissen der medizinischen Begleitforschung in Niedersachsen nicht erfüllt. Die Gefangenen ziehen sich Infektionen mit HIV oder den verschiedenen Formen von Hepatitis nicht im Gefängnis zu, sondern bringen sie schon von außen mit. Das Infektionsrisiko in einer Anstalt mit Spritzenvergabe ist nicht niedriger als in einer Anstalt ohne dieses Angebot: Während sich in Groß-Hesepe in nur sechs Monaten fünf von 71 Untersuchten mit Hepatitis C infizierten und einer mit Hepatitis A, gab es in einer Anstalt ohne Spritzenvergabe bei 80 Untersuchten binnen eines Jahres lediglich zwei Neuinfektionen mit Hepatitis C.
"Wenn wir inzwischen wissen", so Justizministerin Heister-Neumann, "dass ein hoher Anteil von Gefangenen auch nach Einführung der Spritzenvergabe das riskante "needle sharing" weiter betrieben hat und einige sich durch das Angebot steriler Spritzen sogar zu einem Wiedereinstieg in den Drogenkonsum verführt sahen, dann gehen wir mit dem Spritzenprogramm Risiken ein, ohne uns eines Präventiveffekts sicher zu sein. Wir haben mit dem Vollzug der Freiheitsstrafe dafür zu sorgen, dass drogenabhängige Gefangene nach ihrer Entlassung ein Leben ohne Straftaten, also auch ohne Drogen und Drogendelikte führen können. Das erreichen wir besser, wenn wir - wie bisher schon in den übrigen niedersächsischen Justizvollzugsanstalten - auch in Vechta und Groß-Hesepe unser Bemühen darauf konzentrieren, drogenabhängige Gefangene auf Betreuungs- und Behandlungsmöglichkeiten anzusprechen und sie zu einer Behandlung zu motivieren."

Nds. Justizministerium, Pressestelle
Am Waterlooplatz 1,30169 Hannover
Einstellung der Spritzenaustauschprogramme im niedersächsischen Justizvollzug.
Die Entscheidung wurde von der neuen Justizministerin getroffen, die beiden Justizvollzugsanstalten sind nach wie vor für die Fortführung, müssen sich aber der Entscheidung beugen.

Die Spritzenprojekte im niedersächsischen Strafvollzug werden am 1.Juni 2003 eingestellt..
Der Landesverband der Niedersächsischen AIDS-Hilfen und die DAH haben eine gemeinsame Presserklärung herausgegeben der sich akzept e.V. inhaltlich anschliesst (s.u.).
Information
Berlin, den 28.05.2003
Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH),
http://www.aidshilfe.de

Deutsche AIDS-Hilfe e.V. und Niedersächsische AIDS-Hilfe e.V.: Einstellung der Spritzenvergabeprojekte in niedersächsischen Gefängnissen ist ein inhumaner Akt
Die Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH) und die Niedersächsische AIDS-Hilfe e.V. (NAH) fordern die neue niedersächsische Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) auf, die Spritzentauschprogramme in den Haftanstalten Lingen (Abteilung Groß-Hesepe) und Vechta (Frauen) fortzuführen und nicht, wie heute angekündigt, am kommenden Sonntag einzustellen.
„Die beiden seit 1996 bestehenden Modellprojekte haben nicht nur bundesweit große Beachtung und Anerkennung gefunden, sondern sie gelten auch anderen Ländern als Vorbild für eine erfolgreiche HIV- und Hepatitis-Prävention in Haft“, erklärt dazu DAH-Geschäftsführerin Hannelore Knittel. Stellt man diese Programme ein, ist dies nicht nur ein inhumaner Akt gegenüber den Gefangenen, denen man wichtige Schutzmöglichkeiten entzieht, sondern widerspricht auch dem Strafvollzugsgesetz, das in § 3 Absatz 1 fordert: Das Leben im Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich angeglichen werden.“ Außerhalb der Gefängnisse aber gehöre die Vergabe steriler Spritzen zur Vermeidung von Infektionen mit HIV und Hepatitis längst zu den etablierten und nachgewiesenermaßen effektiven Maßnahmen der Drogen- und AIDS-Hilfe.
„Deshalb hat die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Frau Caspers-Merk, im November 2001 an die Justizminister der Länder appelliert, Maßnahmen zur Prävention von HIV- und Hepatitisinfektionen, die sich außerhalb des Strafvollzugs längst als effektiv erwiesen haben, auch endlich in Haftanstalten zu akzeptieren“, erklärt NAH-Vorstandsmitglied Brigitte Litfin. „Gefangene müssen zumindest die Möglichkeit haben, sich zu schützen – wie alle anderen auch –, und zwar unabhängig davon, ob sie sich dann auch tatsächlich schützen. Schließlich würde auch niemand auf die Idee kommen, den Verkauf von Kondomen zu verbieten, weil sich manche nicht schützen.“
(239 Wörter, 1598 Zeichen ohne Leerzeichen, 1837 Zeichen mit Leerzeichen [ohne Überschrift])

 

Christine Kluge Haberkorn
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